Der Jesuit Körner zum christlich-muslimischen Dialog

"Neue Klarheit"

 (DR)

In diesen Tagen haben an der Päpstlichen Universität Gregoriana die ersten Studierenden des «Instituts für interdisziplinäre Studien der Religionen und Kulturen» ihren Master abgelegt. Leiter des Projekts ist der deutsche Jesuit Felix Körner.
In einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) beschrieb er am Donnerstag in Rom die Perspektiven dieses Studiums.
Körner, einer der besten Islamkenner auf katholischer Seite, äußerte sich auch zum Stand des christlich-muslimischen Dialogs und dem anstehenden Besuch des Papstes in einer Moschee in Amman im Mai.

KNA: Herr Pater Körner, wer sind Ihre Absolventen?

Körner: Zum Beispiel ein Mufti aus Kayseri, ein junger Mann, der schon in einem höheren Rang der türkischen Religionsbehörde tätig ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass er mit seiner guten Kenntnis des Christentums nun in der Türkei für eine sachgemäßere Darstellung des Christentums sorgt, beispielsweise in Religionsbüchern oder in der Imam-Ausbildung.

KNA: Ist das die Ausnahme? Ein Mufti als bunter Vogel an der Gregoriana?

Körner: In diesem Jahr hatten wir 18 Studierende, darunter sieben Muslime, außerdem eine Buddhistin und ein Hindu; die übrigen sind Katholiken. So hat eine italienische Religionslehrerin am Ende ihrer Berufslaufbahn noch einmal studiert. Sie untersuchte die Darstellung des Judentums in italienischen Religionsbüchern und zeigt Wege zu einer faireren Präsentation auf.

KNA: Bewährt sich das gemeinsame Studium?

Körner: Sehr gut. Das sagen sowohl die Studierenden als auch die Kollegen an der Gregoriana. Aber wir dürfen dabei nicht stehen bleiben. Wir müssen neben der akademischen Ausbildung unbedingt auch Praxiserfahrungen ermöglichen. Mein Traum wäre es, wenn der junge Priester, der Dialogexperte seiner norditalienischen Diözese werden soll, noch ein paar Monate nach Syrien gehen kann.

KNA: Wie wichtig ist bessere Dialogfähigkeit in der globalisierten Welt?

Körner: Die Erfahrung unserer Studenten schon in ihren ersten Begegnungen ist: Kenntnis des anderen entzerrt und entspannt, sie macht das Zusammenleben dann aber auch wieder spannend. Wir hatten einen äthiopischen christlichen Theologen hier, der oft mit einer ägyptischen Muslima diskutierte, einer Medienspezialistin der alexandrinischen Bibliothek. Sicher, der Äthiopier hat auch daheim in seinem Umfeld Muslime, aber ihre Weltsicht kannte er nicht. Er hat gelernt, mit Muslimen als Gesprächspartnern umzugehen. Und er weiß, was sein Bekenntnis zu Christus für die Muslime bedeutet.

KNA: Sollte man in Deutschland bei der Theologenausbildung Judentum und Islam zumindest ein wenig einbeziehen?

Körner: Ich bin gerade im Gespräch mit der Jesuiten-Hochschule Sankt Georgen. Dort kommen im Grundzyklus Dogmatik andere Religionen zur Sprache, Judentum, Islam und Religionen Asiens. Ein Rabbiner wird regelmäßig eingeladen. In diesem Rahmen gebe ich eine Islam-Einführung. Noch wichtiger wäre es, wenn wir für einige Stunden einen muslimischen Theologen hören und mit ihm reden können.
Das öffnet die Ohren und wandelt Vorurteile. Ein christlicher Theologe wird durch die Begegnung mit dem Islam nicht etwa ein verwässerter Theologe, sondern jemand, der seinen eigenen Glauben in neuer Klarheit zu bezeugen lernt und zu neuen Formulierungen und Zeugnisformen findet. Aber es ist in Deutschland schwierig, wissenschaftlich reflektierte und auch im Deutschen dialogfähige muslimische Theologen zu finden. So jemand wie der in Frankfurt lehrende Ömer Özsoy ist noch eine Ausnahme.

KNA: Wie würden sie den heutigen Stand des christlich-islamischen Dialogs beschreiben?

Körner: Die Paradigmen haben sich mit dem Pontifikatswechsel gewandelt. Den Teppich, den das Pontifikat Johannes Pauls II.
ausgebreitet hat, hat das neue Pontifikat nicht weggezogen, sondern hat auf diesen Teppich Theologen geholt, die den vertieften Dialog suchen und auch Kontroversen nicht scheuen. Auf die ausgestreckte Hand folgt nun theologisch präzise Diskussion. Das ist ein gewaltiger Fortschritt.

KNA: Auf muslimischer Seite wird als Dialogpartner oft die Gruppe der 138 genannt. Wie repräsentativ ist diese Gruppe für die islamische Welt?

Körner: Die Gruppe wird vom jordanischen Königshaus gefördert und ist eine Art ökumenische Bewegung des Islam. Wie jede christliche ökumenische Bewegung hat sie auch Gegner, die sich dem bewusst verweigern und als schwächlichen, haltlosen Kompromiss beklagen.
Aber diese Gruppe bemüht sich auch, skeptische Muslime für ihr Projekt zu gewinnen. Ihre Idee ist geradezu katholisch: «Sprechen wir mit einer Stimme in die Welt». Die Gruppe der 138 ist nicht hundertprozentig repräsentativ. Das wird sie auch nie sein. Aber sie ist keine Splittergruppe und hat eine wachsende Repräsentanz. Das spürt man auch bei den Sitzungen des katholischen-muslimischen Forums. Da gibt es muslimisch-interne Debatten, die zunächst unlösbar erscheinen. Aber dann zeigt sich doch ein Weg. Bei der letzten Sitzung kam man zum Beispiel zu der Einsicht: Wir müssen Minderheiten in islamischen Ländern nicht nur die private, sondern auch die öffentliche Religionsausübung erlauben. Das war ein großer Schritt.

KNA: Und das kommt auf muslimischer Seite auch so rüber?

Körner: Wir müssen schon aufmerksam bleiben, ob nicht mit doppelter Zunge geredet wird. Es gibt ein Dokument der sogenannten 138 an die muslimische Welt, in dem jede Kritik, die wir gegenüber islamisch geprägter Politik beispielsweise beim Thema Religionsfreiheit erhoben, einfach als absurd weggestrichen war. Das darf nicht sein.
Wir müssen - im übrigen auch wir Christen - in beide Richtungen aufrichtig bleiben.

KNA: Im Mai geht Papst Benedikt XVI. in Amman erneut in eine Moschee. Sie haben ihn 2006 in die Blaue Moschee in Istanbul begleitet. Was kann der erneute Besuch als Zeichen bedeuten?

Körner: Muslime wollen uns die Schönheit des Islam in seiner Architektur, seiner Frömmigkeit und Gebetsgestik erleben lassen. In der Blauen Moschee hat Muslime vor allem das tiefgerührte Gesicht Benedikts XVI. angesprochen. Sie haben gemerkt: Hier spürt Benedikt die Ehrfurcht, die Muslime Gott gegenüber liturgisch zeigen. Wenn der Papst weiterhin in theologischer Denkschärfe und ehrlicher Benennung auch der Probleme gleichzeitig die Größe und tiefe islamischer Gottesverehrung honoriert, ist der Dialog auf einer guten Basis. Ein Papstbesuch, der dem Islam gegenüber Hochachtung zeigt, öffnet Türen des Vertrauens zu jenen Gesprächsräumen, in denen wir dann wieder in Klarheit diskutieren können.