Ein neues Buch porträtiert die Kanzlerin als Protestantin

Die Kanzlerin und ihr Glaube

Als Angela Merkel öffentlich den Papst wegen der Rehabilitierung des Holocaust-Leugners Richard Williamson kritisierte, da wurde eine Eigenschaft der Kanzlerin plötzlich wieder thematisiert: dass sie evangelisch ist. Vor allem jene erinnerten daran, die die Kritik an Benedikt XVI. für falsch hielten. Die Debatte ist in der Union noch immer virulent - ein Glücksfall für Autor und Verlag der neuen Merkel-Biografie mit dem Untertitel "Die Protestantin", die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

 (DR)

Der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, hat eine konkretere politische Ausrichtung der CDU an christlichen Werten und Prinzipien angemahnt.
Über die Jahre sei das CDU-Parteiprogramm «immer unverbindlicher» geworden, sagte Jüsten am Mittwoch in Berlin. Zwar gebe es immer die Chiffre vom christlichen Menschenbild. «Man muss aber aufpassen, dass das nicht zu einer Hohlformel wird», meinte er. Das Christliche müsse in der Union dauerhaft präsent sein, nicht nur wirtschaftsliberale oder konservative Positionen. Als Beispiel nannte er das Thema Lebensschutz.

Der Prälat äußerte sich bei der Vorstellung des Buches «Angela Merkel - Die Protestantin» von Volker Resing. Dabei zeigte er sich im Gespräch mit dem letzten Ministerpräsidenten der DDR, Lothar de Maiziere (CDU), und Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) zurückhaltend gegenüber der Idee eines Katholischen Arbeitskreises in der CDU. Ein entsprechendes evangelisches Gremium gibt es - in der Folge der damaligen Dominanz katholischer Politiker in der Partei - seit über 50 Jahren.

Er achte auf Inhalte, betonte der Kirchenvertreter. Die Katholiken sollten damit in der CDU so wie in der SPD Gehör finden. De Maiziere sagte, ihm wäre es lieb, wenn weder die Katholiken noch die Protestanten in der CDU einen eigenen Arbeitskreis bräuchten, um eine gemeinsame Sprache zu finden.

Thierse betonte, eine Partei, die sich mit dem Etikett christlich schmücke, müsse immer in Schwierigkeiten kommen. Dahinter stecke immer ein beträchtliches Maß an Anmaßung. «Ich sage das ohne jede Schadenfreude», betonte der ostdeutsche Katholik. Er habe sich aber gerade wegen der unterschiedlichen Wurzeln der SPD nach der Wende für diese Partei entschieden.

Der katholische Journalist Resing zeigt in dem rund 160 Seiten starken Buch den Werdegang Merkels aus dem evangelischen Pfarrhaus in der Uckermark ins Kanzleramt unter besonderer Berücksichtigung ihrer konfessionellen Prägung auf. Merkel sei mehr «preußische Protestantin als Physikerin», betonte er bei der Buchvorstellung. Parallel zum Aufstieg der heute 54-jährigen Merkel befinde sich die Partei in einer Wandlung weg von ihrer katholischen Prägung; dies stehe im Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Säkularisierungsprozess. Merkel sei keine «religiös unmusikalische Person».

Thierse sagte, der Autor habe mit dem im Leipziger Benno-Verlag erschienenen Buch Glück gehabt. In der heftig entbrannten Debatte um die politische Führungskraft der CDU-Vorsitzenden sei das Buch plötzlich sehr aktuell. De Maiziere verwies auf die in dem Buch aufgezeigten regionalen Bruchlinien. Die Elbe sei immer noch, auch nach dem Zusammenbruch der DDR, eine Trennlinie zum Protestantischen, so wie sie auch eine Trennlinie bei kirchlichen Baustilen sei. Das werde in der Person Merkels deutlich. Diese habe nie «einen Zweifel daran gelassen, woher sie kommt. Aber sie trägt ihr Christsein nicht wie eine Monstranz vor sich her». Mit Blick auf die FdJ-Zugehörigkeit Merkels meinte der CDU-Politiker, es habe noch nie jemand behauptet, dass sie sich eine Widerstandsbiographie angeschminkt hätte.


Buchtipp:
Volker Resing: Angela Merkel - Die Protestantin. Ein Porträt.
Benno-Verlag Leipzig 2009, 160 Seiten.