Der Rechtspsychologe an der Uni Freiburg Prof. Helmut Kury zum Amoklauf von Winnenden

Man kümmert sich oft wenig um die Schüler

 (DR)

domradio: Was kann einen Menschen dazu bewegen eine solche Tat zu verüben?
Kury: Die Tat erinnert ein bisschen an das, was damals in Erfurt passiert ist, da war es ja auch ein Schüler. Es kann natürlich sein, dass er frustiert war über die Schulsituation. Dann sind es oft Kinder, die aus Familien kommen, die irgendwelche Probleme haben im weitesten Sinne. Das heißt, man kümmert sich oft um die Schüler wenig, sie haben wenig Ansprache. Eine ganz wichtige Frage ist wieweit er im Internet diese Gewaltvideos gesehen hat. Das ist oft ein Punkt, der dann den Schülern so zu sagen diese Gewalthandlungen geradezu eintrainieren läßt.

domradio: Kann denn der Amoklauf in den USA auch gestern, ein Vorbild gewesen sein?
Kury: Das kann durchaus sein. Diese Nachahmertaten gibt es ja in verschiedenen Bereichen. Wenn jemand kurz davor ist so etwas zu tun, kann ihm ein anderer, der das bereits getan hat, natürlich Mut machen. Er sieht das, er hört das, er kriegt es mit und das kann ihn veranlassen, jetzt auch den letzten Schritt zu tun. Das erleben sie z.B. bei Selbstmördern relativ oft.

domradio: Was raten Sie jetzt Helfern und auch Betroffenen?
Kury: Dass die Angehörigen betreut werden, ist natürlich sehr wichtig. Da gibt es inzwischen auch Spezialisten in dem Bereich die das sehr gut machen.

domradio: Die Familie hatte offenbar 18 Waffen legal zu Hause. Wie erklären Sie sich, dass eine Familie nicht merkt, dass der junge Mann derartig gefährdet war diese Waffen dann auch zu benutzen?
Kury: Das ist die zentrale Frage: warum merkt die Familie das nicht, was ist denn da los? Wenn da 18 Waffen in der Familie sind legal, dann ist es ein Waffensammler vielleicht oder ein Waffennarr. Dann müssen natürlich die Waffen einmal geschützt sein und zum anderen: Warum hat jemand so viele Waffen? Auch ein Jäger wird nicht 18 Schusswaffen haben.