Der Dogmatiker Peter Hünermann wird 80 Jahre alt

Ein Theologe der Gegenwart

Der Tübinger Dogmatiker Peter Hünermann, der an diesem Sonntag 80 Jahre alt wird, ist keiner der verdächtigen kritischen Lautsprecher. Seit Jahrzehnten stellt er sich - über die Verpflichtungen eines Hochschullehrers und Theologen hinaus - in den Dienst der Kirche.

Autor/in:
Christoph Strack
Peter Hünermann: Ein eifriger Gründervater und ein Mahner (KNA)
Peter Hünermann: Ein eifriger Gründervater und ein Mahner / ( KNA )

Das sorgte für Aufsehen. "Es stellt sich die Frage, ob ein Papst von einem gültig zustande gekommenen Konzil dispensieren kann, so dass dieses Konzil lediglich mit Aussparung wesentlicher Aussagen angenommen wird. Die Antwort ist ein glattes Nein." Der Theologe Peter Hünermann lieferte eine der bislang grundlegendsten Beiträge zum aktuellen Traditionalistenstreit. Zunächst verwendete er in seiner Kritik am Papst den Begriff "Amtsmissbrauch", später nahm er ihn zurück. Er wolle den Anschein vermeiden, "der Papst habe böswillig gehandelt".

Von 1985 bis 2003 war Hünermann Präsident des Katholischen Akademischen Ausländer-Dienstes (KAAD) der katholischen Kirche in Deutschland. Ende 1989, nach dem Fall der Mauer, initiierte er die Europäische Gesellschaft für katholische Theologie und sorgte dafür, dass, oft schwer genug, die Theologen aus Ost und West Gesprächsfäden knüpften, Vertrauen fanden und auch den Dialog mit den Bischöfen pflegten. Längst ist er Ehrenpräsident der Gesellschaft. Derzeit engagiert sich Hünermann in einem Projekt zum interreligiösen Dialog in Europa.

Der gebürtige Berliner ist nicht der populärste Tübinger Dogmatiker der Gegenwart. Da ist der Geist seines Alterskollegen und Amtsvorgängers Hans Küngs (80) vor, dessen Meinung in Kirche und Gesellschaft immer wieder gefragt ist. Aber Hünermann, der nicht ins Rampenlicht drängt, ist wie wenige andere Theologen in Deutschland ein eifriger Gründervater und ein Mahner, der seine Kritik immer wissenschaftlich untermauert.

Dabei häufen sich seine Einwürfe. Seit langem plädiert er für die Priesterweihe für verheiratete Männer, die sogenannten viri probati.
Und gegen das Diakonat der Frau sieht Hünermann, Herausgeber der Übersetzung des wichtigsten Standardwerks der Dokumente des katholischen Lehramts, des "Denzinger", kein "triftiges theologisches Argument". Kaum ein anderer renommierter Theologe setzt sich so für dieses Anliegen ein wie Hünermann, der im Vorstand des Netzwerks "Diakonat der Frau" ist.

Vor zwei Jahren forderte er nach einem vatikanischen Vorgehen gegen den Befreiungstheologen Jon Sobrino eine Reform der Glaubenskongregation. "Der Vatikan ist dringend reformbedürftig", meint er mit Blick auf die derzeit laufende Debatte um die Pius-Bruderschaft. "Es braucht die Kollegialität." Da gelte es, alte Strukturen aus früherer Zeit wiederzubeleben. Aber Hünermann sucht bei solchen Kontroversen stets den offenen Dialog. Sein jüngster kritischer Text ging auch mit einem persönlichen Brief in den Vatikan an Papst Benedikt XVI. Beide kennen einander seit den 1960-er Jahren.

Ein Anliegen Hünermanns bleibt die Arbeit des KAAD. Ende vorigen Jahres stellte er das Startkapital für eine nach ihm benannte Stiftung vor. Sie soll die Arbeit des Austauschdienstes unterstützen. Hünermann war immer wieder unterwegs auf verschiedenen Kontinenten im Dienste der Theologie, zu seinen Ehrendoktor-Titeln zählen auch Universitäten in Argentinien und Bolivien. Vielleicht liegt es nicht nur am regelmäßigen Sport, sondern auch an solcher Vernetzung, dass er jünger wirkt als 80 Jahre.

Hünermann, zu dessen Arbeitsstube unterm Dach seines Hauses in Oberndorf bei Rottenburg auch die Gebetsecke gehört, wirkte nie nur wie ein Professor, stets auch wie ein Seelsorger. 1955 wurde er in Rom zum Priester geweiht. Es passt zu ihm, wie er seinen Geburtstag an diesem Sonntag begeht. Hünermann lud die Kollegen zur musikalisch gestalteten Vesper am Samstagabend vor der anschließenden Feier, am Sonntag hält er dann, wie so oft, die Predigt in der Gemeindemesse. Und im Sommersemester gibt es ihm zu Ehren ein theologisches Seminar: zur Aufgabe der Theologie heute.