Bischöfe demonstrieren nach der Krise Einigkeit

Mit Rückenwind nach Rom

Die See war nur leicht bewegt, als die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz am Mittwochabend zur Hamburger Hafenrundfahrt das Motorschiff "Hammonia" bestiegen. Das ruhige Wetter stand im scharfen Kontrast zu den Erfahrungen der vergangenen sechs Wochen, in denen sie heftigen Gegenwind aus wechselnden Richtungen aushalten mussten.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
 (DR)

Nach den medial verstärkten Wogen der Empörung über die Begnadigung der vier Bischöfe der Pius-Bruderschaft war zuletzt die Haltung der Kirche zum Zweiten Vatikanischen Konzil in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Die Frage, ob der Papst mit der Wiedereingliederung der abtrünnigen Lefebvrianer auch eine Kurskorrektur für die gesamte Kirche einleiten wolle, wurde seither landauf landab bei Dutzenden von Akademie-Tagungen und Podiumsdiskussionen erörtert. Selten hat man die katholische Basis so offen fragend und debattierend erlebt wie in den vergangenen Wochen.

Die Verunsicherung der Gläubigen, über die viele Bischöfe in Hamburg mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn sprachen, hat offenbar auch überfällige Klärungsprozesse in Gang gesetzt. Akademie-Direktoren und Pfarrer berichten, dass vor allem jüngere Katholiken vermehrt nachfragten, was es mit dem letzten Konzil, mit der alten Messe und der Religionsfreiheit auf sich hat.

Kein "Brief an die Gemeinden"
Diesen Erklärungsbedarf kann die am Donnerstag nach langer Aussprache veröffentlichte gemeinsame Entschließung der Bischöfe nicht erfüllen; doch sie beschreibt die Krise auch als Chance. Zuvor aber sahen sich die Oberhirten nach den Angriffen der jüngsten Zeit gezwungen, klare Grenzlinien zu ziehen: Gegen anti-demokratische und anti-jüdische Positionen der Pius-Brüder, gegen die Rede von der Abkehr vom Konzil, aber auch gegen unfaire Kritik am Papst und gegen Strömungen, die aus der Kritik an römischen Pannen eine "Los-von-Rom"-Kampagne machen wollen.

Nicht zuletzt, um solchen Manövern den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben die Bischöfe darauf verzichtet, ihre Erklärung als "Brief an die Gemeinden" zu verfassen. Eine solche Form wäre von manchen Beobachtern als ein zu dramatisches Signal verstanden worden - vergleichbar etwa der Königsteiner Erklärung von 1968, mit der die deutschen Bischöfe nach Erscheinen der Enzyklika "Humanae vitae" die persönliche Gewissensentscheidung von Eheleuten bei der Empfängnisverhütung betonten.

Die Überzeugung, dass man sich weder von den Medien noch von Basisbewegungen ein Abrücken vom Papst diktieren lassen darf, einte die Bischöfe in Hamburg - bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Kritik am vatikanischen Apparat, die ebenfalls Eingang in die Erklärung gefunden hat.

Schub für das Dickschiff katholische Kirche in Deutschland
Für den Konferenz-Vorsitzenden, Erzbischof Robert Zollitsch, der in der kommenden Woche im Vatikan außer der Pius-Krise noch ein ganzes Bündel schwieriger Themen zu verhandeln hat, bringt die einmütig verabschiedete Erklärung Rückenwind. Bevor daraus ein neuer Schub für das Dickschiff katholische Kirche in Deutschland mit seinen 25 Millionen Besatzungsmitgliedern wird, werden wohl noch viele Debatten an der Basis geführt werden.

Ein Ergebnis könnte neben der Wiederentdeckung des Zweiten Vatikanums auch die Rückbesinnung auf die Heiligkeit der Liturgie sein - ein Feld, das die Amtskirche bislang weitgehend den Traditionalisten oder den Liturgie-Spezialisten überließ. Nicht ganz zufällig debattierte die Bischofskonferenz in Hamburg auch über die würdevolle Gestaltung der Messfeier unter dem Titel "Geheimnis, Schönheit und Ordnung der Heiligen Liturgie". Besser hätte das auch ein Traditionalist nicht formulieren können.