Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten wegen Mord, Folter und Vertreibungen

Nötige Premiere

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al Baschir erlassen. Darin werden el Baschir Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorgeworfen. Menschenrechtsorganisationen und deutsche die Politik begrüßten die Entscheidung des Gerichts. Es handelt sich um den ersten Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen einen amtierenden Präsidenten.

 (DR)

Der Haftbefehl zählt fünf Verbrechen gegen die Menschlichkeit und zwei Kriegsverbrechen auf. Die Übergriffe, Morde, Vertreibungen, Plünderungen und Folterungen seien Ergebnis eines auf allerhöchstem Niveau erstellten Plans, für den al Baschir verantwortlich sei. Der Vorwurf des Völkermordes sei nicht aufgenommen worden, teilte der Internationale Strafgerichtshof mit. Die Richter seien zu dem Schluss gekommen, dass dafür bisher keine ausreichenden Beweise vorlägen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass diese Entscheidung revidiert werde. Derzeit würden neue Dokumente geprüft.

Al Baschir (65) werden Verbrechen im Darfur-Konflikt vorgeworfen, der seit 2003 andauert. Dabei kamen nach UN-Angaben bisher rund 300.000 Menschen ums Leben, rund 2,7 Millionen wurden aus ihrer Heimat vertrieben.
Chefankläger Moreno-Ocampo hatte im Juli die Verhängung des Haftbefehls beantragt.

Der Internationale Strafgerichtshof rief die Behörden des Sudan zur Zusammenarbeit auf. Werde sie verweigert, müsse sich der UN-Sicherheitsrat mit dem Problem befassen. Khartum hat bisher zwei vom Strafgerichtshof gesuchte Männer nicht ausgeliefert, einen amtierenden Minister und einen früheren Milizenführer. Ihnen werden ebenfalls Verbrechen in Darfur vorgeworfen.

Moreno-Ocampo sagte am Mittwoch, al Baschir müsse an der Fortsetzung seiner Verbrechen ebenso gehindert werden wie daran, Beweise für die Vorwürfe zu vernichten. Wenn die Regierung des Sudan den Haftbefehl nicht ausführe, werde der UN-Sicherheitsrat zu einer Entscheidung kommen müssen. Sobald el Baschir sein Land verlasse, könne er verhaftet werden. «Früher oder später wird er vor seinen Richtern stehen», sagte der Chefankläger.

Menschenrechtsorganisationen begrüßten die Entscheidung des Strafgerichtshofs. Das sei eine Warnung an alle Staatschefs, die ihre Macht missbrauchten, erklärte «Human Rights Watch» (HRW) in Brüssel und New York. HRW äußerte Verständnis für die Entscheidung, im Haftbefehl nicht am Vorwurf des Völkermordes festzuhalten. Der zuständige HRW-Direktor Richard Dicker erklärte, der Vorwurf des Völkermordes sei immer schwer zu belegen.

Die Organisation «Justice for Darfur» bezeichnete den Haftbefehl gegen Al Baschir als «bedeutenden Schritt im Kampf gegen die Straflosigkeit der grauenhaften Verbrechen in Darfur». Der in Den Haag veröffentlichten Erklärung schlossen sich 46 weitere Menschenrechtsgruppen an.

Im Vorfeld der Gerichtsentscheidung hatte der Sudan laut einem Bericht der britischen Zeitung «The Times» (Mittwoch) sechs ausländische Hilfsorganisationen aufgefordert, ihre Mitarbeiter aus zehn Flüchtlingslagern und Orten in Darfur abzuziehen. Dem Bericht zufolge begründete die Führung in Khartum den Schritt mit «Sorgen um die Sicherheit von Ausländern» nach der erwarteten Erklärung der Haager Richter.

Breite Zustimmung in Deutschland zu Haftbefehl gegen Al Bashir Das Vorgehen des Internationalen Strafgerichtshofs
ist in Deutschland auf breite Zustimmung gestoßen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte den Sudan indirekt zur Auslieferung des Staatsoberhaupts auf. Khartoum solle die IStGH-Entscheidung respektieren, erklärte er am Mittwoch in Berlin.

Zahlreiche weitere Politiker und Organisationen begrüßten den Haftbefehl. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Kerstin Müller, sprach von einem Meilenstein in der Geschichte des Gerichthofs. Der Haftbefehl zeige als international starkes Signal, dass die Gerechtigkeit auch vor Präsidenten nicht Halt mache. «Es geht darum, dauerhaft den Zustand der Straflosigkeit zu beenden», so Müller. Die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) meinte, der IStGH habe mit der Entscheidung Geschichte geschrieben. Jetzt komme es darauf an, dass die Vereinten Nationen den Haftbefehl auch durchsetzten.

Der Menschenrechts-Beauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, sicherte dem Strafgerichtshof die Unterstützung der Bundesregierung und ihrer Partner in der EU zu. Der CDU-Politiker bewertete den Gerichtshof als «wichtigstes Instrument zur Ahndung schwerster Menschenrechtsverletzungen». Diese mache auch vor amtierenden Staatschefs nicht Halt.