Grundsätzlich hält das Gericht die Verwendung von Wahlcomputern zwar für möglich, es setzte dafür aber hohe Hürden. "Ich vermute, dass wir bei der nächsten Bundestagswahl wieder ganz traditionell mit Bleistift und Stimmzettel wählen werden", sagte der Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses des Bundestags, Thomas Strobl (CDU).
Die Karlsruher Richter betonten, die wesentlichen Schritte der Stimmabgabe und der Ergebnisermittlung müssten vom Bürger zuverlässig und ohne besondere Computerkenntnisse überprüft werden können. Die bei der Bundestagswahl 2005 eingesetzten rechnergesteuerten Geräte hätten diesen Anforderungen nicht entsprochen. Damit sei der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl verletzt worden, der "zentral" für die demokratische Willensbildung sei.
Dies führe jedoch nicht zur Auflösung des Bundestags, da der Bestandsschutz der gewählten Volksvertretung den Wahlfehler überwiege. Es gebe zudem keine Hinweise darauf, dass Wahlgeräte fehlerhaft funktioniert hätten oder manipuliert worden sein könnten.
Kein endgültiges Nein
Aus Sicht des Gerichts ist es aber grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass das Bundeswahlgesetz den Einsatz von Wahlgeräten zulässt. Es müsse aber eine "zuverlässige Richtigkeitskontrolle" gesichert sein. Das Verfassungsgericht sei nicht "technikfeindlich" und verkenne auch nicht die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, sagte Gerichtsvizepräsident Andreas Voßkuhle. Auch "Internet-Wahlen" sei kein endgültiger "verfassungsrechtlicher Riegel" vorgeschoben.
Laut Strobl muss das Bundesinnenministerium nun eine neue Bundeswahlgeräteverordnung vorlegen. In dem 50-seitigen Urteil werden strenge Auflagen für den Einsatz von Wahlcomputern gemacht: "Der Wähler selbst muss ohne nähere computertechnische Kenntnisse nachvollziehen können, ob seine abgegebene Stimme als Grundlage für die Auszählung oder jedenfalls als Grundlage einer späteren Nachzählung unverfälscht erfasst wird." Es genüge nicht, dass anhand eines Papierausdrucks oder einer elektronischen Anzeige lediglich das Ergebnis des im Wahlgerät erfolgten Rechenprozesses zur Kenntnis genommen werden könne.
Bundesweit in 39 der 299 Wahlkreise gewählt
Rund zwei Millionen Wähler hatten bei der Bundestagswahl 2005 ihr Votum per Wahlcomputer abgegeben. Eingesetzt wurden ausschließlich Wahlgeräte der niederländischen Firma Nedap. An ihnen wurde bundesweit in 39 der 299 Wahlkreise gewählt, und zwar in den fünf Bundesländern Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.
Der Zweite Senat urteilte über Wahlprüfungsbeschwerden des Informatikers Ulrich Wiesner und seines Vaters, des Politikwissenschaftlers Joachim Wiesner. Letzterer sieht in dem Urteil den endgültigen Garaus für Wahlcomputer: "Kein Computer kann das leisten, was das Verfassungsgericht heute beschlossen hat."
Die Linke-Innenexpertin Petra Pau betonte: "Nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch politisch geboten."
Urteil zum Einsatz von Wahlcomputern 2005
Modern und verfassungswidrig
Die Bundestagswahl im September wird aller Voraussicht nach ohne Wahlcomputer stattfinden. Das Bundesverfassungsgericht entschied am Dienstag in Karlsruhe, dass der Einsatz der elektronischen Wahlgeräte bei der Bundestagswahl 2005 unzulässig war. Der Bundestag muss wegen dieses "Wahlfehlers" aber nicht aufgelöst werden.
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