Bedrohte Sprachen werden durch die Europäische Charta der
Regional- oder Minderheitensprachen geschützt. In Deutschland zählen dazu unter anderem Friesisch und Niederdeutsch in Schleswig-Holstein sowie das niedersächsische Plattdeutsch. «Auch Sorbisch, eine westslawische Sprache in der Lausitz, ist gefährdet», sagte Merkel.
Merkel betonte, dass der Verlust von Sprachen stets auch den Verlust kultureller Vielfalt bedeute. Jährlich würden im Schnitt zehn der weltweit insgesamt 7.000 lebendigen Sprachen aussterben. «Die Hälfte aller Sprachen wird von weniger als 10.000 Menschen gesprochen, ein Viertel sogar von weniger als 1.000.» Vor allem die Sprachen kleiner ethnischer Gruppen in Australien, Lateinamerika und bestimmten Regionen Asiens gelten als bedroht.
Muttersprachen spielten für die kognitive Entwicklung von Kindern eine entscheidende Rolle, sagte Merkel. Deshalb fördere die UNESCO den muttersprachlichen Schulunterricht. In vielen Ländern müssten Kinder Schulen besuchen, an denen der Unterricht in einer für sie fremden Sprache stattfindet. Der damit verbundene «Schockeffekt», den auch Kinder mit Migrationshintergund in Deutschland erlebten, habe lebenslange Folgen für die Lernfähigkeit.
Merkel begrüßte zugleich den Trend zum Fremdsprachenunterricht schon im frühen Kindesalter. «Das ist eine sehr gute Möglichkeit, die hohe Lernbereitschaft in den ersten Lebensjahren zu nutzen.» Wichtig sei jedoch eine spielerische Herangehensweise an die neue Sprache. Studien belegten, dass Kinder so mühelos eine Fremdsprache akzentfrei beherrschen könnten.
UNESCO-Kommission sieht europäische Sprachen bedroht
Sprache als Teil der Identität
Die Kulturreferentin der deutschen UNESCO-Kommission, Christine Merkel, sieht europäische Regional- und Minderheitensprachen bedroht. Bislang seien in Europa bereits zwölf Sprachen verschwunden, darunter Altpreußisch und Kornisch, sagte Merkel anlässlich des Internationalen Tags der Muttersprache am Samstag. Derzeit gebe es neben den 23 offiziellen EU-Sprachen noch rund 60 Regionalsprachen. "Sie sind ein wichtiger Teil der kulturellen Identität."
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