Dresdner gedenken und protestieren gegen Neonazi-Aufmarsch

"Geh Denken"

Rund 6.000 Menschen haben am Samstag nach Polizeiangaben in Dresden an die Opfer der Bombardierung der Elbestadt vor 64 Jahren gedacht und zugleich gegen einen zeitgleich stattfindenden Neonazi-Aufmarsch demonstriert. Aufgerufen dazu hatte ein Aktionsbündnis "Geh denken" aus Parteien, Gewerkschaften und kirchlichen Gruppen. Etwa ebenso viele Menschen beteiligten sich nach Polizeiangaben an dem Neonazi-Aufmarsch. Bischof Joachim Reinelt verurteilte den Nationalsozialismus in einem Gottesdienst vor Soldaten scharf.

 (DR)

Als einer der Hauptredner erklärte bei der Abschlusskundgebung des Aktionsbündnisses der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering, "wir finden uns nicht damit ab, dass die Neonazis die Opfer verhöhnen". 1939 hätten die Nazis den Krieg in die Welt hinausgetragen. Dies dürfe sich nicht wiederholen, so Müntefering. Zugleich rief er mit Blick auf die kommende Landtagswahl in Sachsen dazu auf, dass die NPD nicht erneut in den Landtag einziehen dürfe. Beim Bombenangriff der Alliierten vom 13. bis 15. Februar 1945 auf Dresden starben nach Angaben von Historikern rund 25.000 Menschen. Seit Jahren wird in rechtsextremistischen Kreisen von einer weitaus höheren Opferzahl gesprochen und in diesem Zusammenhang das Wort "Bomben-Holocaust" gebraucht.

Bereits am Freitag und Samstagvormittag hatten mehrere hundert Menschen in Dresden bei Friedensgebeten und Gottesdiensten in den Innenstadtkirchen und der Synagoge an die Opfer der Bombardierung der Stadt vor 64 Jahren erinnert. Als Zeichen des Gedenkens trugen viele Teilnehmer eine weiße Rose.

Der frühere SPD-Bundesvorsitzende Hans-Jochen Vogel hatte bei einer Veranstaltung vor der Frauenkirche ebenfalls zum Gedenken an die Opfer der Bombardierung Dresdens gemahnt. Innerhalb weniger Stunden seien tausende Menschen in einem höllischen Feuersturm zugrunde gegangen, sagte Vogel am Vorabend. Zugleich erinnerte er daran, dass der alliierte Bombenkrieg die Reaktion auf einen Angriffs- und Vernichtungskrieg des nationalsozialistischen Deutschlands war.

Bischof Joachim Reinelt verurteilte den Nationalsozialismus in einem Gottesdienst vor Soldaten scharf. Der damalige "Hass der Deutschen gegen die Welt" sei "Dummheit und Hybris" gewesen, so der Bischof von Dresden-Meißen. Am 13. und 14. Februar 1945 habe dieser Hass auf Dresden zurückgeschlagen. Auch der frühere Leiter des Internationalen Versöhnungszentrums im englischen Coventry, Paul Oestreicher, kritisierte den Neonazi-Aufmarsch nachdrücklich. "Wenn die verblendeten, hasserfüllten Faschisten Europas durch diese Stadt marschieren wollen, ist uns das zuwider", sagte Oestreicher in Dresden. Er sprach bei einem ökumenischen Gottesdienst in der katholischen Kathedrale, der zum Gedenken der Bombenopfer gefeiert wurde.