Nirgends schlagen Williamsons Wellen höher als in Deutschland

Die Welt als interessierter Zuschauer

Eine Meldungswelle nach der nächsten rollt, seit der Traditionalisten-Bischof Richard Williamson vor laufender TV-Kamera den Holocaust leugnete - und fast zeitgleich Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation der Bischöfe der Pius-Bruderschaft aufhob. Epizentrum des Bebens ist naturgemäß Deutschland, Land des Holocaust und Land des "deutschen Papstes". Die Bundeskanzlerin höchstselbst forderte das Kirchenoberhaupt zu einer Klarstellung auf - und löste die nächste Welle aus.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

Auch in anderen Ländern verfolgen Medien und Öffentlichkeit die grellen Klangfarben des Disputs - aber eher als interessierte Hörer und Beobachter denn als wirklich Beteiligte. Selbst in Israel, das in Fragen des Holocaust sonst hochgradig empfindlich ist, bestimmen Gaza-Krieg und Wahlkampf die Schlagzeilen. Der Papst und sein Traditionalisten-Problem finden praktisch nicht statt. Hatten die Auguren schon prophezeit, dass der Eklat um Williamson wahrscheinlich das endgültige Aus für eine Papstreise ins Heilige Land bedeuten müsste, so ist schon nach wenigen Tagen der Enttäuschung scheinbar business as usual eingekehrt. Man erwarte den Heiligen Vater im Mai, heißt es.

Auch in den italienischen Zeitungen findet das bevorstehende Sterben der Wachkoma-Patientin Eluana Englaro deutlich mehr Aufmerksamkeit als der Traditionalisten-Streit. Die Presse berichtet breit - wie immer, wenn es um den Papst geht - aber eben ohne eigene Spitzen: «Merkel kritisiert Ratzinger: 'Mehr Klarheit beim Thema Schoah» heißt es in «La Repubblica». «Merkel attackiert den deutschen Papst» bei «La Stampa». Dabei wird ausdrücklich betont, dass sich erstmals ein europäischer Regierungschef in den Streit um Bischof Williamson einschaltet, dass Merkels Vorgehen fast beispiellos sei. «Die Deutschen lieben nicht länger 'ihren' Papst», meint die «Stampa»..

Alles ruhig auch in der Tschechischen Republik und im traditionell papsttreuen Polen: Man schaut auf den deutschen Nachbarn und berichtet über Merkels Papst-Appell. Aber Bischöfe oder Politiker meldeten sich in der Angelegenheit bislang nicht zu Wort. Die konservative Tageszeitung «Rzeczpospolita» weist in einem Kommentar Merkels Stellungnahme zurück. Der Papst habe bereits bei seiner Generalaudienz Ende Januar «über seine Solidarität mit den Juden gesprochen, über die Notwendigkeit, der Schoah zu gedenken, und über seine Besuche in Auschwitz». Rhetorisch fragt das Blatt: «Kann man jetzt noch sagen, der Vatikan habe das Thema 'Leugnung des Holocaust' vermieden?» Es dränge sich «der Eindruck auf, dass die Kanzlerin einem großen Teil der deutschen Medien ganz einfach nach dem Mund redet», so das Blatt.

In den französischen Medien ist der Streit zwar prominent platziert, doch sorgte er für weniger Wirbel als noch die Wiederzulassung der alten lateinischen Messe im Sommer 2007. Damals machten zahlreiche französische Bischöfe zum Teil sehr entschieden Bedenken deutlich.
Diesmal beschränkten sich die Bischöfe darauf, die Geste des Papstes als Bemühen um die Kircheneinheit zu würdigen. Jetzt sei es an den Traditionalisten, das Konzil voll anzuerkennen. Zurückhaltend fielen auch die Reaktionen jüdischer Institutionen aus. Sie verurteilten Williamsons Äußerungen als abscheulich, kündigten aber an, der Dialog mit der Kirche gehe weiter.

In Asien ist das Thema fernwestlich. Es findet statt in den Zeitungen Thailands, Singapurs und Malaysias, aber nur als Agenturberichte aus Europa, ohne Stellungnahmen lokaler Kirchen- oder Regierungsvertreter. Einzig ein Tageszeitungskommentar aus dem ozeanischen Australien verweist darauf, dass die Nähe Williamsons zu notorischen Holocaust-Leugnern doch eigentlich seit langem bekannt gewesen sei.

Dasselbe Bild in Lateinamerika: Die Presse berichtet, Kirche, jüdische Organisationen oder Politik halten sich zurück. Aktiv ist vor allem Argentinien. Gleich mehrere Reportagen widmen sich dem nahe Buenos Aires befindlichen Priesterseminar des Bischofs Williamson und seinen hohen Mauern. Eine Stellungnahme freilich von ihm sei nicht mehr zu bekommen.