Korruptionsbekämpfer kritisieren Bahnchef Mehdorn

Vor dem Rücktritt?

In der Datenaffäre bei der Deutschen Bahn gerät der Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn nun auch in die Kritik von Korruptionsbekämpfern. Mit dem massenhaften Abgleich von Mitarbeiterdaten sei der Bogen deutlich überspannt worden, rügte der deutsche Vizechef der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International Peter von Blomberg. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) zeigte sich indes verärgert über die Informationspolitik der Bahn.

Autor/in:
Ralf Beunink-
 (DR)

Blomberg erläuterte, dass ein pauschaler Abgleich sämtlicher Mitarbeiterdaten von seiner Organisation nicht empfohlen werde. «Das kann man so nicht machen», betonte er. Zwar seien sogenannte Datenscreenings bei der Korruptionsbekämpfung grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. «Die Frage ist allerdings, wie der Datenabgleich gestaltet wird». So müssten gezielt die Stellen erfasst werden, die mit der Auftragsvergabe befasst seien. Zudem müssten Datenabgleiche mit dem Betriebsrat abgesprochen werden und die betroffenen Mitarbeiter zumindest im Nachhinein informiert werden.

Unterdessen bemängelte das Tiefensee-Ministerium die mangelnde Unterrichtung über die Vorfälle durch die Deutsche Bahn. Im Verkehrsministerium sei noch «kein Blatt Papier» zur schriftlichen Aufklärung des Falls eingegangen, sagte Tiefensees Sprecher Rainer Lingenthal. Tiefensee habe Mehdorn seit dem Bekanntwerden der Affäre in drei Briefen zur schriftlichen Darlegung des Falls aufgefordert. In den Antworten Mehdorns sei jedoch «keinerlei detaillierte Information» enthalten.

Lingenthal betonte, es gebe eine «Fülle von juristischen Fragen» zu klären. Dazu sei eine schriftliche Darstellung der Zusammenhänge unverzichtbar. Zu der Frage, ob Mehdorn als Konzernchef noch haltbar sei, sagte der Sprecher: «Erstmal muss der Sachverhalt aufgeklärt werden.» Noch sei nicht der richtige Zeitpunkt, um über Personalfragen zu reden. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, dies sei auch die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Aus der Politik gab es indes Rücktrittsforderungen nicht nur von FDP, Grünen und Linken, sondern auch von Koalitionspolitikern. Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sagte dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Mittwochausgabe), falls die Meldungen über die Überprüfungen aller Mitarbeiter zutreffen, werde sich Mehdorn nach einer neuen Tätigkeit umsehen müssen. Auch sein Parteikollege Sebastian Edathy kritisierte das Vorgehen heftig. Auch die SPD-Linken fordern Konsequenzen. Eine Ablösung Mehdorns sei daher «überfällig». sagte ihr Sprecher Björn Böhning der Internetausgabe des «Handelsblatts».

Die Gewerkschaften Transnet und GDBA fordern weiter Aufklärung und eine deutliche Entschuldigung, halten sich mit Rücktrittsforderungen aber zurück. «Die Personalie Mehdorn ist jetzt zunächst einmal sekundär. Es geht um die Fakten, die müssen auf den Tisch», sagte Transnet-Sprecher Michael Klein dem Sender n-tv. Hierzu sei eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung beantragt worden. GDBA-Sprecher Uwe Henschel warnte unterdessen im Nachrichtensender N24 vor sinkendem Rückhalt für Mehdorn: «Unter den Mitarbeitern spricht man schon von Stasi-Machenschaften, das ist nicht haltbar in einer Demokratie.»