Für Christoph Lehmann ist die Initiative eine Herzenssache

Der Mann hinter "Pro Reli"

Christoph Lehmann ist sehr zufrieden: Das Thema "Pro Reli" sei in der Öffentlichkeit präsent und die Umfragewerte für die Befürworter der Initiative stimmten. "Und bis Sonntag werde ich alles dafür tun, dass wir die notwendigen Ja-Stimmen bekommen." Wer den Gründer der Initiative kennt, glaubt ihm sofort. Hier spricht jemand, der sich mit Herzblut einer Sache verschrieben hat und für die Gleichstellung des Fachs Religion mit dem Fach Ethik kämpft.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

Bei Wind und Wetter hat der 47-jährige Rechtsanwalt in den vergangenen Monaten mit Passanten auf den Berliner Straßen gesprochen und bei jeder Gelegenheit auf Diskussionsveranstaltungen für sein Anliegen geworben. Mit dem Volksentscheid will er am Sonntag einen gleichrangigen Religionsunterricht neben dem Pflichtfach Ethik durchsetzen.

Sogar beruflich trat Lehmann dafür kürzer. In seiner Kanzlei in einem gediegenen Altbau am Kurfürstendamm beantwortete der Rechtsanwalt zunehmend Fragen über und um das Volksbegehren, anstatt Akten zu wälzen. Finanzielle Einbußen habe er in Kauf genommen, bekennt der Jurist. Und zurückstecken musste auch die Familie. Aber schließlich entstand das Projekt «Pro Reli» am gemeinsamen Frühstückstisch mit seiner Frau und seinen Kindern im Alter zwischen 10 und 17. «Wir müssen was machen», sei das einhellige Credo gewesen, als der Berliner Senat vor drei Jahren das Pflichtfach Ethik einführte und damit den freiwilligen Religionsunterricht noch weiter an den Rand drängte. Lehmann gründete den Verein und hatte schnell viele Unterstützer auf seiner Seite.

Der Katholik ist überzeugt von der Bedeutung des Fachs. Dabei geht es ihm nicht um eine Kritik am Ethikunterricht, sondern um eine Wahlmöglichkeit zwischen den beiden Fächern, wird er nicht müde zu betonen. Religionsunterricht solle vor allem theologisches und kulturelles Wissen über Religionen vermitteln, so Lehmann. Zugleich sollten authentische Pädagogen Antworten auf existenzielle Fragen geben. Dies könne der Ethikunterricht nicht leisten, für Religionen sei kein Platz im Lehrplan und die Ethiklehrer dafür nicht gut genug ausgebildet. Dabei geht es Lehmann und seinen Mitstreitern nicht um eine Einübung von Glaubenspraxis. «Beten und Kirchenlieder singen, das müssen die Familien schon selber machen», sagt er.

Lehmann, der eine zeitlang auch CDU-Kreisvorsitzender des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf war, betont zudem, dass hinter dem Vorhaben nicht nur die Kirchen stehen. «Pro Reli» habe in einer Stadt, in der nur etwa ein Drittel der Bevölkerung konfessionell gebunden ist, auch einen multikulturellen Aspekt. Schüler sollten im Religionsunterricht auch ein Stück Heimat finden. Längst gehören deshalb auch die Jüdische Gemeinde und die «Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion» (Ditib) zu den Unterstützern.

Im Umgang mit den Medien ist Lehmann längst ein Profi. Präzise und verbindlich kommen die Antworten des umtriebigen Juristen. Gerne teilt er dabei auch aus und kritisiert etwa den rot-roten Berliner Senat dafür, dass er den Termin für Volksentscheid und Europawahl nicht zusammenlegt und mit Steuermitteln Anzeigen in den Berliner Tageszeitungen schaltet. Dass er und sein Anliegen dabei längst bundesweit Beachtung gefunden haben, ist für ihn nur konsequent. Schließlich habe der «Pro Reli»-Streit auch eine grundlegende Bedeutung für das Verhältnis zwischen Staat und Kirche.

Mindestens 612.000 Ja-Stimmen braucht die Initiative am Sonntag. Dann würde das Schulgesetz geändert und vielleicht schon zum neuen Schuljahr die Neuregelung umgesetzt. «Der Senat wird ein deutliches Votum bekommen», ist sich Lehmann sicher.