Mannheim beschäftigt Deutschlands einzigen kommunalen Beauftragten für Popkultur

Ein Lobbyist der Jugendkultur

Das Büro von Sebastian Dresel unterscheidet sich erheblich von den Arbeitsräumen anderer städtischer Angestellter. Auf dem Tisch davor stapeln sich Musikmagazine, Schallplatten auf dem Boden. Der nach eigenen Angaben einzige städtische Beauftragte Deutschlands für Musik- und Popkultur residiert angemessen.

Autor/in:
Stephen Wolf
 (DR)

Deutsche Kommunen beschäftigen in der Regel Mitarbeiter, die sich für Senioren und Kinder einsetzen. "Für Jugendliche und junge Erwachsene aber gibt es kaum Fürsprecher in den Verwaltungen", konstatiert der 33 Jahre alte Dresel. In Mannheim ist er so etwas wie der Lobbyist der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Auch diese Gruppe benötige schließlich "Spielplätze" um sich in ihrer Stadt zuhause fühlen zu können, betont er.

Was der Mann mit dem Vollbart in dieser Position tun kann, um Freiräume für die Jugendkultur zu schaffen, spielt sich zwischen Verwaltung, Wirtschaft und eben den Jugendlichen ab. Der Beauftragte für Musik- und Popkultur soll mit der Popakademie und dem Musikpark der Stadt die Jugendkultur voranbringen. Wie Dresel sagt, haben die angehenden Produzenten, Musiker und Kulturmanager, die in beiden Institutionen tätig sind, die Szene Mannheims in den vergangenen Jahren bereichert.

Konkret ist Dresel beispielsweise an der Organisation von Festivals und Konzerten beteiligt. Auch kann er helfen, wenn irgendwo ein Proberaum gesucht wird. Doch das ist nur ein Teil seiner Arbeit.

"Ich bringe niemandem bei, wie er die Gitarre richtig hält"
Dresels Büro liegt im Musikpark, von hier aus knüpft er Netzwerke. Der Mann vom städtischen Kulturamt agiert im Hintergrund und bringt etwa Akteure der Musikszene mit Gastronomen zusammen. Allerdings ist er auch keiner, der die Musiker coacht, ihnen ein pfiffiges Image aufbaut oder gar ihre Songs bewertet. "Ich bringe niemandem bei, wie er die Gitarre richtig hält", stellt Dresel klar.

Obwohl sich der 33-Jährige kaum in ein Schema pressen lässt, zählt seine Meinung im Rathaus. "Dresel ist in der Musikszene außerordentlich vernetzt, das können wir immer wieder beobachten", lobt Michael Hübel, der für die strategische Ausrichtung Mannheims mit Oberbürgermeister Peter Kurz eng zusammenarbeitet. So verstehe der Mann die Zusammenhänge von Musik, Mode und Stadtteilgestaltung. Doch gehe es bei seiner Funktion nicht nur um Imagepflege.

"Natürlich kommen auch Studenten bei etwa gleichen Ausbildungsbedingungen lieber in die lustigere Stadt", sagt Dresel. Daher sei auch die Popakademie und die damit verbundene Musik- und Kneipenszene sicher ein Vorteil im Standortwettbewerb der Kommunen. Dennoch bietet alles das, was Pop ist, auch Chancen in anderen Bereichen. "Etwa wenn es um soziale Belange und um die Wirtschaftsförderung innerhalb der Stadt geht", sagt er.

Und Mannheim profitiert von dieser Entwicklung
Ob junge Mädchen in einem sozialen Brennpunkt Hip-Hop unter Anleitung einer Popakademie-Studentin tanzen oder ob sich ein Musiker als Kleinunternehmer anmeldet, Mannheim profitiere stets von dieser Entwicklung.

Laut Dresel geht es bei seinem Job auch darum, den steten Wandel einer quirligen Musik- und Kulturszene zu begleiten. Während beispielsweise ein Club in der Nähe des Hafens schließt, öffnet ein anderer Laden im Zentrum. Alte Kontakte der Bands versiegen, neue Musikszenen entstehen. "Wenn man so will, bin ich ein Netzwerker", sagt der Radiojournalist, der auch noch Platten in der Elektro-Szene auflegt. Leute zusammenbringen, Kontakte herstellen und die Stadtverwaltung auf die Probleme der Szene hinweisen, das gehört zum täglichen Geschäft.

Dabei gehe es aber nicht ausschließlich um die genreübergreifende Popmusik, die in Mannheim traditionell einen starken Stellenwert besitzt: "Pop spielt sich in vielen Bereichen ab, ob das nun eine Ausstellung, ein neuer Szeneladen mit Kleidern ist oder eine neue Bar mit einem besonderen Ambiente", definiert Dresel sein Metier. Wichtig sei nur, dass sich Künstler, Ladeninhaber und Produzenten so frei wie möglich entfalten könnten.