Das ostafrikanische Land feiert "seinen" ersten US-Präsidenten

Obama-Hysterie in Kenia

Viele afrikanische Staaten hatten im November vergangenen Jahers den Wahlsieg Barack Obamas gefeiert wie den Gewinn einer Fußball-Weltmeisterschaft. Vor allem in Kenia, der Heimat Barack Obamas Vater, war die Freude groß. Entsprechend fiebert das Land dem Amtsantritt entgegen, beschreibt Afrika-Korrespondent Marc Engelhardt im domradio-Interview.

Autor/in:
Anja Bengelstorff
 (DR)

"Entspann dich, Obama hat alles im Griff", "Obama ins Amt - Bush raus", "Noch ein Star aus Kenia - er ist unser Sohn". So lesen sich nur einige der Aufschriften auf T-Shirts, Stickern und Kalendern, die spätestens seit der Nominierung des Afroamerikaners zum US Präsidentschaftskandidaten im ganzen Land zu haben sind. Barack Obamas Vater war Kenianer aus dem Volk der Luo. Daher beansprucht das Land auch den Sohn für sich. Und wenn der nach den Sternen greift, kennt die Kreativität der Kenianer keine Grenzen.

In einer Seitenstraße im alten Geschäftsviertel der Hauptstadt Nairobi betreiben Sarah Mboya und ihr Mann eine kleine Druckerei.  Das Geschäft läuft gut. Besonders aus Kisumu, der Hauptstadt des Luo-Volkes am Viktoriasee, reißt die Nachfrage nicht ab. "Im August haben wir die ersten Kalender mit Obama-Fotos im Posterformat gedruckt. Seitdem wurden 150.000 Stück verkauft. Wir können gar nicht schnell genug nachdrucken", erzählt sie zufrieden.

Die Kalender mit Fotos von Barack Obamas Besuchen in Kenia gehen am besten. In der Größe A3 kosten sie sechs Cent; in A2 sind sie für zwölf Cent zu haben. Sarah Mboya bietet zwölf verschiedene Kalender an: Kollagen mit schwankender Bildqualität, die Kalender-Zählung mitunter falsch, aber ohnehin Nebensache. Die Fotos hole sie aus dem Internet, gibt sie zu.

Geschichte machen
Shabbir Tayebjee hat sich auf ein anderes Geschäftsfeld spezialisiert. Er bietet die wohl größte Auswahl an T-Shirts mit Obama-Motiven an. "Geschichte machen", steht auf einem Shirt unter dem Foto des ewig lächelnden Obama vor der US-Flagge. Der Spruch "Eine Familienangelegenheit" steht auf einem anderen Hemd, das die gesamte First Family in herzförmigem Rahmen zeigt.

Der teilweise in Illinois lebende Geschäftsinhaber importiert seine Ware aus den USA und verkauft sie in Nairobis geschäftiger Tom Mboya Street für 7,50 Euro pro Stück. "Für viele Kenianer ist das leider unerschwinglich", bedauert er. "Die kaufen eher die hiesige billige Produktion für drei Euro."

Für die Vereidigung des neuen Präsidenten an diesem Dienstag rüstete sich nicht nur Washington, sondern auch Nairobi und vor allem Kisumu. Traditionelle Stierkämpfe sowie Fußballturniere zwischen dem Obama-Gymnasium in Kogelo, Obama Seniors Heimatdorf, und anderen Schulen aus der Provinz standen auf dem Programm. Eigentlich müsste die Vereidigung ohnehin in Kisumu stattfinden - finden die Kenianer:  Da Kinder in der Tradition der Luo zum Vater gehören, muss der Sohn zu einem solchen Anlass ins Land seiner Väter zurückkehren.

Amtsantritt auf Großbildleinwänden
Diese Ehre bleibt dem Land verwehrt - aber auf Großbildleinwänden können alle Obama-Fans den Amtseid ihres Idols beiwohnen. Speisen und Getränke werden dabei mitunter zu günstigeren Preisen verkauft.  Vor allem ein Bier wird wohl reichlich fließen: die Marke "President", unter Biertrinkern als "Obama" bekannt und mit 35 Cent für 300 ml für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich. Eine kenianische Brauerei brachte 2004 zunächst die Marke "Senator" auf den Markt, nachdem Obama zum US-Senator gewählt wurde. Nach der Präsidentenwahl unterwarf sich die Brauerei dem Wandel der Zeit - und macht damit ein gutes Geschäft.

Auch die kenianische Tourismusindustrie, noch immer angeschlagen vom Ausbleiben der Besucher nach dem gewalttätigen Wahlausgang Ende 2007, hofft nun auf den Obama-Effekt. So wird der Regionalflughafen Kisumu ausgebaut; die Regierung hat die Straße nach Kogelo geteert, und ein Obama-Kulturzentrum soll dort Ende des Jahres eröffnet werden.

Doch selbst eine Obama-Euphorie hat Schattenseiten: Eine kenianische Regierungsdelegation reiste auf Staatskosten nach Washington, um an einer inoffiziellen Vereidigungsparty teilzunehmen - nur wenige Tage, nachdem Präsident Mwai Kibaki einen nationalen Nahrungsmittel-Notstand erklärt und die internationale Gemeinschaft um 320 Millionen Euro gebeten hatte. Diesen bitteren Beigeschmack kann kein "president" wegspülen.