Europa spürt Auswirkungen - deutsche Verbraucher bislang nicht

Russland dreht Ukraine den Gashahn zu

Im Streit mit der Ukraine um zukünftige Gaslieferungen hat Russland seinem Nachbarn den Gashahn praktisch zugedreht. Zugleich bekommen immer mehr europäische Länder die Folgen des Konflikts zu spüren. Erstmals sind von den Liefereinschränkungen auch deutsche Unternehmen betroffen. Der größte deutsche Erdgasimporteur E.ON Ruhrgas warnte sogar vor einem Totalausfall. Die deutschen Verbraucher müssen sich angesichts des kalten Winters nach Angaben der Energieunternehmen allerdings nicht sorgen.

Autor/in:
Jürgen Wutschke
 (DR)

Russland hat nach Angaben des ukrainischen Konzerns Naftogaz vom Dienstag innerhalb von 24 Stunden seine Lieferungen von täglich 342 Millionen Kubikmeter auf knapp 74 Millionen Kubikmeter drastisch reduziert. Zugleich stocke die Ukraine die Liefermengen nach Europa aus eigenen Beständen auf.

E.ON Ruhrgas erklärte, man erwarte den vollständigen Ausfall der über die Ukraine transportierten Gasmengen. Zwar sei die Versorgung der Kunden derzeit noch sicher, doch stoßen die Möglichkeiten des Unternehmens "an ihre Grenzen, wenn diese drastischen Lieferkürzungen anhalten und die Temperaturen weiterhin auf sehr niedrigem Niveau bleiben", sagte Ruhrgas-Chef Bernhard Reutersberg.

"Erhebliche Liefereinschränkungen"
Auch beim Kasseler Versorger Wingas, einem Gemeinschaftsunternehmen der BASF-Tochter Wintershall und Gazprom, kommt den Angaben zufolge weniger Gas als üblich an. "Wir bemerken Mengenkürzungen auf der Transitroute durch die Ukraine", sagte ein Sprecher.

Der zweitgrößte deutsche Energiekonzern RWE verzeichnet derzeit ebenfalls "erhebliche Liefereinschränkungen" von Gas aus Russland. In diesem Zusammenhang verwies das Unternehmen allerdings auf die gefüllten Gas-Speicher und die Vielzahl von Lieferanten.

Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezieht Deutschland 37 Prozent seines Gasbedarfs aus Russland. Davon werde nur ein Teil über die ukrainischen Pipelines bezogen. Norwegen sei mit 26 Prozent des Bedarfs vor den Niederlanden (18 Prozent) ein weiterer wichtiger Lieferant. In diesen Ländern könnte zudem kurzfristig mehr bestellt werden, hieß es weiter. Die deutschen Verbraucher könnten sich "auf eine sichere Versorgung mit Erdgas verlassen". Schließlich fassten die Erdgas-Speicher in Deutschland rund ein Viertel des Jahresverbrauchs 2007 von umgerechnet 925 Milliarden Kilowattstunden und seien gut gefüllt.

Andere Anbieter geraten an Kapazitätsgrenze
Unterdessen teilte der norwegische Gasproduzent StatoilHydro mit, angesichts der russischen Gaskürzungen derzeit fast an seiner Kapazitätsgrenze zu produzieren. Zusätzliches Gas werde in Großbritannien und anderswo in Europa verkauft, sagte eine Sprecherin. Das Unternehmen ist nach Gazprom zweitgrößter Erdgaslieferant Europas.

Russland und die Ukraine streiten derzeit unter anderem über den Preis der künftigen Gaslieferungen. Moskaus sieht seine Forderung als Angleichung an westeuropäische Gaspreise, für die Ukraine bedeutet sie mehr als eine Verdoppelung.

Am Dienstag wollte sich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit dem russischen Gazprom-Vize Gazprom, Alexander Medwedew, in Berlin zu einem Gespräch über die Erdgaslieferungen nach Deutschland treffen.