Die Hessen-SPD nach der Rücktrittsankündigung von Generalsekretär Norbert Schmitt

"Gerade brechen alle Dämme"

Keine zwei Wochen mehr bis zur Landtagswahl in Hessen. Nach dem 18. Januar will sich der hessische SPD-Generalsekretär Norbert Schmitt aus der Parteispitze zurückziehen, kündigte er am Montag per Zeitungsinterview an. "Er ist bekannt für unbedachte Äußerungen", urteilt Georg Haupt, politischer Redakteur bei der "Frankfurter Neuen Presse". Und erwartet noch mehr Unruhe für die SPD.

 (DR)

domradio: Warum hat Norbert Schmitt aufgegeben und sagt das kurz vor der Wahl?
Haupt: Es ist zu vermuten, dass er sich wieder mal verplappert hat. Norbert Schmitt ist bekannt für unbedachte Äußerungen im Kreise der SPD-Spitzenpolitiker, obwohl er seit 13 Jahren im Landtag sitzt und seit 2003 Generalsekretär ist. Er hat immer wieder für Kloppse gesorgt. Ich glaube, er hat unterschätzt, dass er im Rahmen eines Interviews zu viel herausgelassen hat über sein eigenes Schicksal. Die Tatsache, dass er dieses im Gespräch mit einem eher unbedeutenden Blatt getan hat, lässt auch noch darauf schließen, dass er sich über die Tragweite seiner Äußerungen nicht klar gewesen ist.

domradio: Seit der Hessenwahl am 27. Januar 2008 hat die hessische SPD immer mehr Wählerstimmen verloren. Laut des Meinungsforschungsinstituts Emnid lag sie Mitte Dezember bei nur noch 24%, die CDU bei 43%. Wird Thorsten Schäfer-Gümbel diesen neuerlichen Rückschlag verkraften?
Haupt: Bekannter wird er sicherlich durch diesen - ich nenne es mal so - Skandal in der SPD. Das ist natürlich ein Rückschlag, der zu Unzeit kommt. Man gibt seinen Rücktritt nicht mitten im Wahlkampf bekannt. Das weiß auch Norbert Schmitt. Es ist eigentlich mehr ein Indiz dafür, dass in der SPD gerade alle Dämme brechen und dass es drunter und drüber geht. Es lässt allerdings auch darauf schließen, dass innerhalb der Partei nach den Wahlen ein größeres Stühle rücken stattfinden wird, dass nicht nur Norbert Schmitt und Andrea Ypsilanti erfassen wird, sondern sicher auch vor den Bezirksvorsitzenden nicht Halt machen wird. Wir erleben gerade wildeste Gerüchte, wer alles nach dem 18. Januar zurücktreten wird. Da steht uns noch einiges bevor.

domradio: Neben Hermann Scheer und Heidemarie Wieczorek-Zeul war Schmitt Ypsilantis wichtigster Berater. Jetzt geht er - bereits vor der Wahl - von Bord. Was bedeutet das für die Zukunft von Andrea Ypsilanti? Ist ihre Karriere nach dem 18. Januar vorüber?
Haupt: Die ist schon lange vorüber, sie weiß es nur noch nicht. Ich glaube Andrea Ypsilanti hat den Fehler gemacht, sich zu sehr in den Mittelpunkt einer Machtergreifung zu stellen. Und sie hat nicht mitbekommen, dass die Zeit über sie hinweg gegangen ist. Kürzlich hat sie angedeutet, dass sie die Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis übernehmen wird, das die SPD hier in Hessen erwartet. Letzte Umfragen sehen die SPD bei 22 bis 26 Prozent - zehn Prozent weniger als vor einem Jahr. Jemand muss dafür gerade stehen - und das wird sicherlich Andrea Ypsilanti sein. Sie hat die Partei in den Sumpf gerissen.

Hören Sie hier das Interview in voller Länge nach.