Lage der Bewohner des Gazastreifens so schlecht wie nie zuvor - EU-Delegation eingetroffen

Gaza in Not

Eine Delegation der Europäischen Union ist in Ägypten eingetroffen, um ein Ende der Gewalt im Gazastreifen zu erreichen. Sie wird vom tschechischen Außenministers Schwarzenberg geleitet. Die EU Vertreter haben sich mit Ägyptens Ministerpräsident Mubarak getroffen. Die Bodenoffensive der israelischen Armee im Gazastreifen geht derweil weiter.

 (DR)

Medienberichten zufolge wurden in der Nacht 30 Ziele in dem Palästinensergebiet angegriffen. Nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International ist die Lage der Bewohner des Gazastreifens so schlecht wie nie zuvor. Die Gesundheitsbehörde in Gaza teilte mit, dass innerhalb von neun Tagen mindestens 520 Palästinenser starben, weitere 2.500 wurden verletzt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die israelische Offensive im Gazastreifen als die gravierendste seit der israelischen Besetzung 1967 bezeichnet. Die Nahostexpertin der Organisation, Donatella Rovera, sagte der «Berliner Zeitung»: «Die allgemeine Lage hat sich seit zwei Jahren kontinuierlich verschlechtert; aber dass die Menschen nichts zu essen haben, das gab es noch nie.» Reis, Zucker und Brot seien im Gazastreifen kaum aufzutreiben.

In den Krankenhäusern mangele es an Arzneien und medizinischem Gerät, sagte Rovera. «Es ist zurzeit kalt in Gaza, es gibt keinen Strom - und damit auch kein Wasser, weil die elektrischen Pumpen nicht funktionieren», betonte die Nahostexpertin. Der UN-Sicherheitsrat müsse zu einem Entschluss kommen und Druck auf beide Seiten ausüben. «Es steht außer Frage, dass Israel ein Recht hat, sein Volk zu schützen; aber die Angemessenheit der Mittel erscheint fraglich», sagte Rovera.

Der israelische Sicherheitsexperte und frühere Botschafter seines Landes in Deutschland, Avi Primor, rechnet mit einem baldigen Ende der israelischen Militäraktion im Gazastreifen. «Der Militäreinsatz wird höchstens eine Woche dauern», sagte Primor der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung». Der Ex-Diplomat erklärte den Zeitdruck unter anderem mit der nahenden Übernahme der US-Präsidentschaft durch Barack Obama am 20. Januar.

Es gebe viele Theorien, die erklären, was für eine Politik Obama im Nahen Osten vorhabe, erläuterte Primor. Er glaube, «dass es kein Mensch weiß, nicht einmal Obama selbst». Schließlich habe er ein dringenderes Problem: Die Wirtschaftslage. Primor betonte: «Ich glaube, dass wir die Frage des Gazastreifens noch vor seiner Amtsübernahme erledigen müssen.» Wenn der scheidende US-Präsident George W. Bush einer internationalen Überwachung des Gazastreifens zustimme, werde sich Obama dem nicht widersetzen.