Auch in Somalia selbst, seit fast 18 Jahren ohne Regierung, ist kein Frieden in Sicht. Die äthiopischen Truppen, die vor zwei Jahren in Somalia einmarschierten, konnten die Islamisten nicht zurückdrängen. Inzwischen kontrollieren die radikalen Kräfte wieder fast das ganze Land. Wenn die Äthiopier wie angekündigt bis zum Jahresende 2008 abziehen, werden die Islamisten vermutlich auch die Hauptstadt Mogadischu zurückerobern. "Ich hoffe, es geht schnell, dann hören endlich die täglichen Kämpfe auf", sagt ein Einwohner Mogadischus und gibt damit die desillusionierte Stimmung in der Stadt wieder. Selbst die bislang stabilen Regionen Somaliland und Puntland im Norden wurden in diesem Jahr von Anschlägen erschüttert.
Afrika 2008, das war ein Kontinent voller alter Kriege und neuer Krisen. Doch es gab auch Gutes zu berichten: Nach vielversprechenden Tests wuchs die Hoffnung, dass es bis 2012 eine wirksame Impfung gegen Malaria geben könnte. Eine Million Menschen sterben derzeit jedes Jahr an der von Moskitos verbreiteten Tropenkrankheit, vor allem Kinder. Frauenrechtlerinnen feiern Ruandas Kabinett, in dem Frauen die Mehrheit stellen, wie auch im Parlament. Das gibt es sonst nirgends auf der Welt. Und die globale Wirtschaftskrise soll Afrika so gestärkt überstehen wie kein anderer Kontinent: Während die Industrieländer in die Rezession sinken, sagt der Internationale Währungsfonds Afrika ein Wirtschaftswachstum von mindestens fünf Prozent voraus.
Gewalt im Touristenparadies Kenia
Dass aber Krisen in Afrika sehr plötzlich eskalieren können, zeigte 2008 die Gewalt im Touristenparadies Kenia. Im Wahlkampf von Politikern angeheizt, fielen Milizen einiger Ethnien nach offensichtlich gefälschten Wahlen vor Jahresbeginn mit ungeahnter Brutalität über gegnerische Volksgruppen her. Mehr als tausend Menschen starben, das Land ist zerrissen. "Um die Gewalt zu beenden, hat man alle in ein Boot gepackt, aber in diesem Boot beäugen sich alle noch genauso ängstlich wie zuvor", bilanziert der kenianische Anti-Korruptions-Aktivist John Githongo heute.
Die unter Vermittlung des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan gebildete Regierung in Kenia macht unterdessen als Koalition der Absahner von sich reden: Während Abgeordnete sich weigern, ihre Bezüge besteuern zu lassen, wissen normale Kenianer nicht, wie sie das binnen eines Jahres um fast 200 Prozent teurer gewordene Maismehl noch bezahlen können. Mit ihrer Wut über zu teure Lebensmittel waren die Kenianer 2008 nicht alleine: Ob in Kamerun, in der Elfenbeinküste oder in Burkina Faso, überall wurde protestiert.
Auch schwelende Konflikte brachen wieder auf: Im Osten Kongos marschierte der abtrünnige General Laurent Nkunda auf die Provinzhauptstadt Goma zu. Hunderttausende Menschen wurden vertrieben, oft zum wiederholten Mal in nur wenigen Jahren. Im Südsudan wurde bei Kämpfen in Abyei deutlich, dass zwischen der islamischen Regierung im Norden und der "Volksbefreiungsarmee" im Süden noch längst kein Frieden herrscht. Im westsudanesischen Darfur bombardierte die Regierung weiter Dörfer, die zerstrittene Rebellenbewegung versetzte Zivilisten in Angst und Schrecken. Eine UN-Truppe, die eigentlich schon seit Januar für Frieden sorgen soll, war Ende des Jahres noch nicht voll einsatzfähig.
Ungewisse Zukunft in Guinea
Völlig ungewiss ist zum Jahreswechsel die künftige Machtverteilung in Guinea. Nach dem Tod von Präsident Lansana Conté putschten sich vor wenigen Tagen die Militärs an die Macht. Der Erfolg der Rebellion dürfte zunächst ein Ausbrechen ethnischer Unruhen in dem Vielvölkerstaat verhindern. Die neuen Machthaber sollten bemüht sein, ein Chaos wie einst in den Nachbarländern Liberia und Sierra Leone zu verhindern.
Unterdessen klammerte sich der 84-jährige Präsident Robert Mugabe in Simbabwe weiter mit allen Mitteln an die Macht. Nach verlorener Wahl Ende März zog er allein in die Stichwahl und ließ sich zum Sieger erklären. Oppositionelle verschwanden, und Journalisten wurden verhaftet, während die Bevölkerung unter einer Hyper-Inflation stöhnt und trotz des Zusammenbruchs des Staates zu überleben versucht. Dass in den vergangenen Wochen mehr als 1500 Menschen in der einstigen Kornkammer Afrikas an Cholera starben, markierte einen neuen Tiefpunkt. Eine Einigung mit der Opposition war nicht in Sicht.
Das Nachbarland Südafrika stellt sich bereits auf die Wahlen im April oder Mai 2009 ein. Der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki, der erfolglos in Simbabwe vermittelt hatte, musste im September 2008 zurücktreten. Zu groß waren die Differenzen mit dem Flügel im regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC), der den neuen Parteichef und Präsidentschaftskandidaten Jacob Zuma unterstützt. Die Folge ist eine Abspaltung vom ANC: Der neue "Volkskongress" will die Parteienlandschaft verändern.
Auch 2008 kam Afrika nicht zur Ruhe
Alte Kriege, neue Krisen
Moderne Piraten, die mit Maschinengewehren und winzigen Fischerbooten riesige Hochseedampfer kapern: Kaum ein anderes Bild aus Afrika dürfte die Welt 2008 stärker beeindruckt haben. Aber am Horn von Afrika herrscht nicht nur Krieg auf dem Wasser.
Share on