In einem Gespräch mit der «Neuen Osnabrücker Zeitung» sagte Verbandspräsident Wolfram Hartmann, schon bei den «vielen Fällen eines vagen Verdachts» müssten Ärzte die Erlaubnis zum Gespräch mit Lehrern, Erzieherinnen oder nichtärztlichen medizinischen Berufen bekommen. Nur so könnten sie einen oft vagen Verdacht auf Misshandlung oder Vernachlässigung erhärten oder, was in der Mehrzahl der Fälle zu erwarten sei, entkräften.
«Kein Arzt sollte wegen des Bruchs der Schweigepflicht einer Strafandrohung ausgesetzt sein, wenn er bei einem Betreuer weitere Informationen im Interesse des Kindes einholt», sagte Hartmann. Der Präsident der Kinder- und Jugendärzte betonte, das Wohl des Kindes und nicht allein das Recht der Eltern müsse im Vordergrund stehen. Es werde dem Kindeswohl nicht gerecht, wenn bei vagen Verdachtsfällen grundsätzlich die Zustimmung der Eltern zu einem Gespräch mit Betreuern nötig sei. «Diese Zustimmung erhält man in vielen Fällen eben nicht», sagte Hartmann.
Auch umgekehrt sei es dringend notwendig, wenn Lehrer oder Kindergärtnerinnen mit Kinder- und Jugendärzten Kontakt wegen einer möglichen Misshandlung oder Vernachlässigung aufnehmen könnten. Der Verbandspräsident begrüßte ausdrücklich, dass der Gesetzentwurf von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur Reform des Kinderschutzgesetzes vorsieht, zum Schutz gefährdeter Kinder die ärztliche Schweigepflicht in bestimmten Fällen zu lockern. «Das ist eine Forderung, die wir seit längerer Zeit erhoben haben.»
Nach dem Entwurf sollen sich Ärzte beim Verdacht auf Misshandlung oder Vernachlässigung von Kindern auch ohne Einverständnis der Eltern an die Behörden wenden dürfen, ohne dass sie fürchten müssen, wegen des Bruchs ihrer Schweigepflicht angeklagt zu werden.
Ärzte fordern Lockerung der Schweigepflicht
Kapmf gegen Kindesmisshandlung
Die Kinder- und Jugendärzte drängen im Kampf gegen Kindesmisshandlung und Vernachlässigung auf eine Lockerung ihrer Schweigepflicht.
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