Türkei schließt Öffnung von orthodoxem Priesterseminar aus

Ein weiter Weg nach Europa

Die türkische Regierung schließt die von der EU geforderte Wiedereröffnung des orthodoxen Priesterseminars Halki weiter aus. Das geht aus einem Bericht über die religiösen Minderheiten im Land hervor, den das Außenministerium dem Parlament in Ankara vorlegte. Eine Wiedereröffnung des seit 37 Jahren geschlossenen Seminars nach dem früheren Modus sei nach der türkischen Verfassung nicht möglich, heißt es in dem Bericht.

 (DR)

Die von der Regierung vorgeschlagene Lösung, das Seminar in die theologische Fakultät der Universität Istanbul einzugliedern, werde dagegen vom orthodoxen Patriarchat abgelehnt.

Das Priesterseminar war 1971 geschlossen worden, als die türkische Regierung alle privaten Hochschulen verbot. Seitdem konnte es nicht wieder öffnen, weil nicht-staatliche religiöse Ausbildungen verboten blieben. Eine Eingliederung in die Uni Istanbul lehnt die Kirche ab, weil sie ihre Priesterausbildung nicht dem türkischen Staat und seiner Hochschulbehörde überlassen will. Weil seit fast 40 Jahren keine Priester mehr ausgebildet werden können, droht die orthodoxe Kirche an ihrem Stammsitz auszusterben.

Dem Bericht des Außenministeriums zufolge leben heute 3.000 bis 4.000 griechisch-orthodoxe Christen in der Türkei, die meisten davon in Istanbul. Dort wohnten 1950 noch rund 100.000 Angehörige dieser Minderheit. An den Minderheitenschulen, die ihnen nach dem Lausanner Vertrag von 1923 zustehen, finden sich nur noch 217 Schüler.

Nach Angaben des Außenministeriums beträgt die Zahl der armenischen Christen in der Türkei heute rund 60.000, die Zahl der Juden rund 25.000. Andere christliche Gruppen wurden von dem Bericht nicht erfasst, weil sie nach türkischer Auffassung nicht als Minderheiten im Sinne des Lausanner Vertrages gelten. Schätzungen zufolge leben in der Türkei rund 10.000 syrisch-orthodoxe Christen, 10.000 arabisch-orthodoxe Christen, 15.000 Katholiken und mehrere tausend Protestanten. Sie werden alle nicht als Minderheiten anerkannt und kommen daher nicht in den Genuss der von Lausanne verbrieften Minderheitenrechte.