Am Ersten Advent kommt außergewöhnliches Musikinstrument erstmalig zum Einsatz

Die schwebende Orgel

Silbern glänzen die Pfeifen der neuen Orgel in der Alpirsbacher Klosterkirche. Sie ist nicht nur nagelneu, sondern auch ein ganz besonderes Exemplar. Deutschlandweit ist sie die erste Orgel, die bewegt werden kann.

Autor/in:
Dorothee Kolnsberg
 (DR)

Das Instrument steht auf einem Grundriss von 3,80 mal 3,80 Metern, mit einer Höhe von elf Metern wirkt es schmal und hoch. Ein Künstler hat die Holzfassade entworfen.

Rund fünf Mal im Jahr, zu besonderen Anlässen wie zum Beispiel Konzerten, soll die 17-Tonnen-Orgel verschoben werden. Unklar war noch während der Bauphase, ob das Verschieben überhaupt funktioniert. Damit das schwere Instrument bewegt werden kann, wurde ein Luftkissen unter der Orgel montiert, das sie schweben lässt.

Das Luftkissen - hergestellt von einer Nürnberger Spezialfirma - ist unter dem dreigeschossigen Orgelturm angebracht. Es hat eine Höhe von drei bis fünf Zentimetern und hebt die Orgel fünf Millimeter vom Boden ab. Das muss ausreichen, um Unebenheiten des Sandsteinbodens auszugleichen.

Eine Plastikfolie sorgt zusätzlich dafür, dass die Luft, die über einen Kompressor gepumpt wird, nicht in die Rillen des Bodens entweicht. Unter dem Sandsteinboden wurde zuvor eine Betonplatte montiert, damit der Boden unter dem Druck nicht nachgibt.

"Es handelt sich um ein Gesamtkonzept"
Eigentlich sei die Orgel zu klein für einen festen Standort im Kirchenraum, erklärt Kirchenmusiker Ulrich Weissert. Weil sie jedoch beweglich sei, könne sie jeder Gottesdienst- und Konzertsituation gerecht werden. "Es handelt sich um ein Gesamtkonzept", betont Weissert, "nach dem Motto 'weniger ist mehr'." Er findet die neue Orgel "genial". Gemeinsam hatten Orgelbauer Claudius Winterhalter und der Künstler Armin Göhringer die Orgel entworfen.

Für den Organisten Weissert steht nicht so sehr die Technik, sondern vor allem der Klang der neuen Orgel im Vordergrund. "Die Grundstimmung ist sehr mild und weich", sagt Weissert, "die hohen Stimmen haben Glanz, aber keine Schärfe."

Dass die Orgel an allen unterschiedlichen Standorten gut klingt, war eine der vielen Herausforderungen an die Orgelbaufirma Claudius Winterhalter. "Der Klang ist zwischen beiden Standorten im südlichen Querhaus und der Mitte der Vierung ausbalanciert", sagt Winterhalter.

Gesamtkosten für das Projekt in Höhe von 850.000 Euro
Der entscheidende Unterschied ist Winterhalter zufolge, dass die Orgel einmal von drei Wänden im Abstand von weniger als drei Metern umgeben und einmal nach allen Seiten hin offen ist. Damit der Klang auch in der Mitte genügend Intensität hat, musste der Klang am Standort an der Seite bis zur oberen Intensitätsgrenze ausgereizt werden.

Die Gesamtkosten für das Projekt in Höhe von 850.000 Euro wurden bereits fast vollständig von der Kirchengemeinde aufgebracht. Mit Hilfe zahlreicher Aktionen haben die Alpirsbacher so viele Spenden zusammengetragen, dass jetzt nur noch rund 92 Prozent der Summe fehlen. Bäcker und Konditoren verkauften gebackene Orgelpfeifen, außerdem übernahmen Bürger Patenschaften für einzelne Pfeifen in Höhe von 50 bis 1.000 Euro. Von den rund 2.000 Pfeifen sind gut zwei Drittel "verkauft".

Auch nach der Premiere am Sonntag werden die Intonateure noch weiter an den Feinabstimmungen beim Klang feilen. Bis zur Bescherung am Heiligen Abend soll dann alles fertig sein. Orgelbauer Claudius Winterhalter berichtet vom Testlauf: "Die Orgel klingt in der Mitte wärmer und vornehmer - sie ist dort dem Himmel näher als der Erde."