Erzbistum Paris veranstaltet Gedichtwettbewerb

Höchstens 32 Zeilen

Viele Dichter und Denker lebten in Paris. Doch wer heute in die französische Hauptstadt kommt, trifft nicht unbedingt auf glänzende Genies, sondern eher auf Hektik, Eile und Gedränge. Damit gerade in der Zeit vor Weihnachten der Blick auf das Wesentliche nicht ganz verloren geht, veranstaltet das Pariser Erzbistum einen Poesie-Wettbewerb.

Autor/in:
Barbara Schmickler
 (DR)

Noch bis 1. Dezember können die Bürger der Stadt Gedichte einschicken; dem Gewinner winkt ein Wochenende für sechs Personen in einem Centerpark.

"Advent und Weihnachten sind mehr als Geschenke und gutes Essen," sagt Christel Giroud von der Erzdiözese. Mit dem Projekt "Menschwerdung" soll gerade in dieser Zeit an die wirkliche Bedeutung von Weihnachten erinnert werden. Neben Konzerten, Diskussionen und Ausstellungen gehört der Poesie-Wettbewerb zum Projekt. Die Idee hatte Generalvikar Michel Aupetit im Februar.

Jeder könne Gedichte schreiben, sich ausdrücken und so über sich selbst nachdenken, sagt Giroud. Teilnahmevoraussetzungen gibt es
keine: "Jeder, der eine Idee hat, darf mitmachen." Kinder und Jugendliche benötigen eine Erlaubnis der Eltern; einsenden darf man nur ein Gedicht. "Das darf nicht länger als 32 Zeilen und muss auf Französisch geschrieben sein", erklärt Giroud die Regeln. Stil und Form sind dem Dichter überlassen.

Trotzdem ist das Thema eingegrenzt: Der Wettbewerb soll eben nicht nur für kreative Köpfe interessant sein, sondern eine spirituelle Dimension besitzen. So wurde der Wettbewerb Ende Juni unter dem biblischen Motto "Das Wort ist Fleisch geworden" eröffnet. Doch wieso gerade diese Bibelstelle? "Es geht um die Menschwerdung Gottes an Weihnachten", sagt Giroud und fährt fort: "Genau das, was viele nicht mehr mit Weihnachten verbinden." Und die Idee kommt an. Bisher sind schon über 30 Gedichte beim Erzbistum angekommen. "Der erste Eindruck ist toll", sagt Giroud und schwärmt von der Qualität und dem Facettenreichtum der Gedichte.

Eines stammt aus der Feder von Franck Widro. Der 54-Jährige war Aushilfsprofessor in Industriedesign. Mittlerweile ist er nicht mehr berufstätig; dafür schreibt er Gedichte. Über einen Bekannten hat er von dem Wettbewerb erfahren - und direkt mitgemacht: "Soweit ich weiß, ist dieser Wettbewerb der einzige zu katholischer Poesie in Frankreich", sagt er. Das Besondere ist in seinen Augen die Möglichkeit, im oft hektischen Alltag über Gott und Weihnachten nachzudenken. Für sich persönlich hat er durch den Wettbewerb bereits Einiges gewonnen. Ob er am Ende gar den Preis gewinnt? "Ich hoffe es", ist seine Antwort. Für ihn wäre das eine Anerkennung als katholischer Dichter durch die Kirche.

Im Dezember trifft sich eine Jury aus etwa zehn Personen:  Französisch-Professoren, Priester und "Leute wie du und ich" wählen das beste Gedicht aus. Am 13. Dezember wird das Ergebnis bekanntgeben, ein Schauspieler liest die schönsten Gedichte vor, die dann auch im Internet veröffentlicht werden. Vielleicht gibt es im nächsten Jahr wieder ein Projekt. "Dann aber zu einer anderen liturgischen Zeit", sagt Giroud. Eines ist ihr klar: Für die Kirche sei der Gedichtwettbewerb eine willkommene Möglichkeit, abseits des Alltags auf den Glauben aufmerksam zu machen und so die Pariser zum Nachdenken anzuregen.