Neue Spekulationen um "Waldseemüller-Karte"

Er wusste etwas

Die Amerika-Karte des deutschstämmigen Martin Waldseemüller hat ihren Platz in den Geschichtsbüchern sicher: Der katholische Priester berichtete Anfang des 15. Jahrhunderts als Erster über einen Ozean westlich des neuen Kontinents Amerika. Nun gibt es neue Spekulationen.

 (DR)

Wie die Tageszeitung "Washington Post" am Montag berichtet, bringen neue Forschungen ein wenig Licht in das Dunkel um die im Jahr 1507 veröffentlichte Karte. Was sie so einzigartig mache, so Experten, sei, dass Waldseemüller der Welt als erster berichtet habe, dass es westlich des neuen Kontinents Amerika noch einen großen Ozean gebe.  Die Wissenschaftler rätseln seit langem, woher der deutsche Priester dies wusste.

Waldseemüller hatte, beeindruckt von den Reiseberichten des Entdeckers Amerigo Vespucci, dem neu entdeckten Kontinent auf seiner Weltkarte erstmals den Namen "America" gegeben. In einem neuen Buch "The Naming of America" liefert der Ingenieur, Kartograph und derzeitige Historiker der Kongressbibliothek, John Hessler, die laut Bericht erste vollständige Übersetzung des lateinischen Begleittextes der Karte.

"Es besteht die Möglichkeit, dass Waldseemüller etwas wusste, das nicht länger vorhanden ist, eine Information, die wir nicht mehr haben", sagte der Historiker der "Washington Post". Dabei gehe es wahrscheinlich um geografisches Wissen, das in einigen Zirkeln als bestätigt gegolten habe. Hessler vermutet, dass es sich um Informationen aus Kreisen portugiesischer Segler handele.

Zehn Millionen Dollar wert
Den Chroniken zufolge drangen erste Informationen über den Pazifik erst Jahre später, mit den Berichten von Vasco Nunez de Balboa und Ferdinand Magellan nach Europa. Ein Rätsel bleibt auch, warum Waldseemüller 1516 eine zweite Karte, die ebenfalls berühmte "Carta Marina" publizierte, auf der Südamerika wieder als ein Teil Asiens und damit nicht mehr als eine "Insel" verzeichnet ist.

Waldseemüller schrieb im jetzt ebenfalls erstmalig von Hessler übersetzten Begleittext der "Carta Marina", dass sein vorheriges Werk "voller Fehler und Konfusionen gewesen" sei und "vielen Leuten missfallen" habe. Ob die Tatsache, dass Amerika ein Kontinent sei, zu dieser Zeit als Häresie galt, dafür vermag Hessler jedoch keine Belege zu finden. Die Kongressbibliothek hatte die Karte 2003 für zehn Millionen US-Dollar erstanden. Gegenwärtig ist sie in Washington zu sehen.