Fernsehprediger Billy Graham wird 90

Amerikas Pastor

Billy Graham ist in den USA laut Umfragen eine der am meisten geachteten Persönlichkeiten. Mehr als 200 Millionen Menschen weltweit haben ihn laut Schätzungen live predigen gehört, dazu Hunderte Millionen im Fernsehen und im Radio. Der angesehenste Evangelist der US-amerikanischen Geschichte feiert heute seinen 90. Geburtstag.

 (DR)

"Und Gott liebt euch. Er liebt euch, er liebt euch!" Diese Botschaft, in ein überfülltes Stadion hineingerufen, ist das Markenzeichen von Billy Graham. Der 89-Jährige ist der Urvater der Fernsehprediger, obwohl er selbst nie so genannt werden wollte. Im Laufe seiner Karriere hat er seine frohe Botschaft live vor mehr als 200 Millionen Menschen in allen Teilen der Welt gepredigt.
Ungezählte Millionen mehr haben seine Auftritte im Fernsehen und am Radio verfolgt. Am Freitag wird Graham 90 Jahre alt.

Zu diesem Anlass rief sein ältester Sohn Franklin kürzlich die Öffentlichkeit auf, seinen Vater mit persönlichen Geschichten und Grußbotschaften zu würdigen. Alle, die sich von Grahams Wirken direkt angesprochen und ermutigt gefühlt hätten, seien willkommen, ihm einen Geburtstagswunsch oder eine Geschichte zu schenken, so die Billy Graham Evangelistic Association (BGEA), deren Präsident der Sohn des Predigers ist. "Mein Vater ist ein bescheidener Mensch, der niemals erwarten würde, zu seinem Geburtstag persönlich geehrt zu werden", sagte Franklin Graham. Trotzdem plant der Sohn internationale evangelikale Festivals und Projekte.

William Franklin Graham Jr., so Billys vollständiger Name, ist seit 60 Jahren der nahezu unumstrittene religiöse Erweckungsprediger der USA. Und immer hat der Baptist für Kontroversen gesorgt. So auch, als er, die Bibel in der Hand, 1991 an der Seite von George Bush senior erschien. Gemeinsam mit dem damaligen US-Präsidenten segnete er die in den Golfkrieg aufbrechenden Truppen. Seine Anwesenheit sollte damals allen symbolisieren, der Feldzug habe geradezu biblische Bedeutung. Für manche war es der Gipfel einer gekonnten Selbstdarstellung.

Dass Graham auch provozierte, hat seinem Image kaum geschadet.
US-Präsident Harry Truman (1884-1972) nannte ihn zwar schlicht eine "Fälschung", einen publicityversessenen Aufschneider. Andere US-Präsidenten freilich suchten sein Charisma. Eisenhower und Kennedy begannen damit, Graham zu konsultieren. Die Präsidenten Johnson und Nixon führten dies noch intensiver fort. Bush Senior nannte Graham gar "Amerikas Hirte". Erst Bill Clinton ging auf Distanz.

Derzeit scheint der Stern der TV-Prediger im Sinken begriffen zu sein. Anders als noch im Präsidentschaftswahlkampf 2004 gab es keinen prominenten Fernsehprediger, der den beiden Kandidaten Barack Obama und John McCain im Endspurt zur Seite gestanden hätte. Beide Politiker hatten in der Frühphase des Wahlkampfes zwar die Nähe einflussreicher Prediger gesucht, sich von diesen aber nach Diskussionen um umstrittene Äußerungen distanziert.

Graham lässt sich nicht in einen Topf werfen mit den anderen großen konservativen TV-Predigern. Ihm ging es nicht so sehr um den politischen Kreuzzug gegen das Abtreibungsrecht oder um Steuerfragen und den Kampf gegen die Trennung von Kirche und Staat. "Ich denke nicht, dass Jesus oder die Apostel sich in der politischen Arena auf eine Seite gestellt haben", erklärt er seine Haltung. Der Mann aus North Carolina klang nie wie ein Fundamentalist - obgleich er die Fundamente des Glaubens verteidigte, die wortwörtliche Wahrheit der Bibel predigte, auch etwa was die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria angeht.

Während in den 80er Jahren ein TV-Prediger nach dem anderen sich in Skandale, Sexaffären und Schulden verhedderte, blieb Graham stets unbescholten. Ihm mag dabei seine Frau Ruth geholfen haben, die - während er um die Welt reiste - zu Hause die fünf Kinder großzog.

Sie war ihm, wie er sagte, eine unermessliche Stütze und lebenslange Freundin. Ihren Tod im Juni 2007 trug Graham mit Fassung - und sprach von der Gewissheit, sie im Himmel wiederzusehen. Wegen seiner stark angeschlagenen Gesundheit glauben viele seiner Anhänger, dass dieser Tag nicht mehr allzu fern ist.