Heftige Kritik von Opposition und Juristen an neuem BKA-Gesetz

"Abbau der Bürgerrechte"

Die Einigung von Union und SPD auf erweiterte Befugnisse des Bundeskriminalamtes zur Terrorabwehr stößt bei Juristen und der Opposition auf heftige Kritik. Beklagt werden vor allem Eingriffe in die Grundrechte der Bürger. Die große Koalition hatte zuvor letzte Streitpunkte über das neue BKA-Gesetz ausgeräumt.

Autor/in:
Nikolaus Sedelmeier
 (DR)

Nach dem Kompromiss wird die heimliche Durchsuchung privater Computer bis Ende 2020 befristet. Ein Richter muss die Online-Durchsuchung anordnen. Werden dadurch Daten erhoben, müssen zwei BKA-Beamte und der BKA-Datenschutzbeauftragte sicherstellen, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht verletzt wurde.

FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einem "rechtsstaatlich absolut unzureichenden Ergebnis". Die geplante Befristung bis 2020 sei "eine Farce". Anstoß nahm die frühere Bundesjustizministerin auch daran, dass das BKA nach dem Kompromiss in dringenden Fällen zunächst ohne Richterbeschluss Computer anzapfen darf. "Online-Durchsuchungen sind technisch und zeitlich so aufwendig, dass gar keine Eilfälle denkbar sind. Hier soll offenbar die Kontrolle durch einen Richter ausgehebelt werden", warnte die FDP-Rechtsexpertin.

"Geradezu unverschämt und aberwitzig"
Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck kritisierte einen "weiteren dramatischen Abbau der Bürgerrechte". Die Frist für die Online-Durchsuchung bis 2020 auszudehnen, sei "geradezu unverschämt und aberwitzig". Das BKA werde nun zur Superbehörde mit sämtlichen Geheimdienstbefugnissen - entgegen dem verfassungsrechtlichen Trennungsgebot.

Der Linke-Innenexperte Jan Korte warf der SPD vor, "den Hilfssheriff der Union zu spielen". Dass das BKA in dringenden Fällen zunächst ohne Richterbeschluss Computer anzapfen dürfe, stelle eine "eklatante Einschränkung der richterlichen Kontrolle" dar.

Auch der Vorsitzende des Deutschen Richterbunds, Christoph Frank, beklagte Defizite: "Ich halte eine möglichst effektive justizielle Kontrolle der Online-Durchsuchung wegen der Schwere des Grundrechtseingriffs für unverzichtbar". Ob der absolut geschützte Kernbereich der Privatsphäre bei Durchsuchungen betroffen sei, müsse ein unabhängiger Richter beurteilen.

Gewerkschaft der Polizei begrüßt den Kompromiss
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, signalisierte dagegen grundsätzliche Zustimmung. Es scheine, als seien einige Verbesserungen im Vergleich zum vorherigen Entwurf erreicht worden. Ob der Kompromiss ausreiche, den Kernbereich der Privatsphäre zu schützen - wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt, müsse aber noch analysiert werden.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) betonte: "Rechtsstaatliche Grundsätze werden strikt beachtet und gleichzeitig bekommt das BKA dringend notwendige Befugnisse, um Terror wirksamer bekämpfen zu können." Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sprach vom "qualifiziertesten Polizeigesetz Deutschlands".

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte den Kompromiss. Der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg sagte: "Wir hoffen, dass das BKA-Gesetz nunmehr alsbald in Kraft treten kann, um die zunehmende Bedrohung durch den internationalen Terrorismus wirksam abwehren zu können." Bereits am Mittwoch kommender Woche soll das Gesetz vom Bundestag verabschiedet werden. Falls der Bundesrat ebenfalls zustimmt, könnte es zum Jahreswechsel in Kraft treten.