Bischofssynode fordert eine Rückkehr zu den Wurzeln der Kirche

Neue Bibel-Offensive gegen Fundamentalismus und Sekten

Mit dem Appell für eine neue Bibel-Offensive und mit einer Absage an jeden Fundamentalismus ist am Sonntag die 12. Weltbischofssynode zu Ende gegangen. Die Rückbesinnung auf das Wort Gottes müsse zu Beginn des Jahrtausends eine kirchliche Erneuerung einleiten, forderte der Papst in seiner Schlussrede.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Denn dieses Wort sei nicht nur Fundament der Kirche, sondern bestimme auch das Verhalten der Gläubigen zu ihren Mitmenschen: für eine gerechte, friedliche und solidarische Welt. Zudem bilde die Bibel als «Codex der Weltkultur» die Grundlage für den kirchlichen Dialog mit der Welt und ihren Kulturen, Religionen und Weltanschauungen.

Drei Wochen lang trugen 253 Bischöfe aus aller Welt und 100 weitere Experten, Beobachter und Gäste alles zusammen, was die Kirche an der Bibel beschäftigt. Deutlich war von Anfang an, dass das Christentum keine Buchreligion im engeren Sinne und die Heilige Schrift kein starrer Buchstabe ist. Grundlage des Christentums ist vielmehr das lebendige Wort Gottes, der menschgewordene Christus. Das unterscheidet das Christentum von Islam und Judentum. Wobei das gemeinsame Alte Testament den Dialog mit dem Judentum zur Pflicht und zur «Natur» der Kirche mache. Auch mit den Muslimen empfehle sich der Dialog, aber in Gegenseitigkeit und mit Blick auf Lebensschutz, Menschenrechte und Frauenwürde.

In 55 Abschlussthesen, den «Propositiones», haben die Synodalen das Ergebnis ihrer Beratungen zusammengefasst. Der Original-Text (auf
Latein) ging an den Papst, der daraus demnächst ein Lehrschreiben erstellt. Anders jedoch als bei früheren Synoden wurden die Thesen diesmal veröffentlicht.

Papst Benedikt XVI. nahm regelmäßig an den Synodensitzungen teil - als konzentrierter, aufmerksamer Zuhörer, der sich gelegentlich einschaltete. Gleich zweimal brach er dabei eine Lanze für die historisch-kritische Bibel-Exegese, die der Mehrheit der Synodalen suspekt schien. Zwar wird diese wissenschaftliche Methode in den Propositiones bestätigt. Dennoch griff Benedikt XVI. das strittige Thema nochmals in seiner Schlussrede auf. «Die Heilige Schrift ist das Wort Gottes - in menschlichen Worten», stellte er klar. Daher muss die Schriftlesung der historischen Dimension Rechnung tragen.
Und die Bibel muss «in ihrer Einheit, in der Tradition der Kirche und im Licht des Glaubens» gelesen werden.

Die Propositiones behandeln weiter die Bedeutung des Gotteswortes in der Liturgie, für Versöhnung und Umkehr, für das Zeugnis gegenüber den Armen. Die Synodalen forderten mehr Bibelübersetzungen und eine bessere Ausbildung für Prediger und Verkünder. Dass dabei die Öffnung des Lektorendienstes auch für Frauen gefordert wurde, sorgte für Überraschung. Diese verbreitete Praxis sei noch nicht offiziell bestätigt, wussten Experten. Weiter folgten Empfehlungen zum Verhältnis von Bibel und Kultur, Krankenpastoral, Familie, Medien und gegen das Vordringen von Sekten.

Das Echo auf die Synode war diesmal geringer als in früheren Jahren. Die Debatten waren sehr sachorientiert, es fehlten - von Indien und Irak abgesehen - Länderberichte über Verfolgungen und soziale Missstände. Auch die klassischen Reizthemen wie Zölibat, Priesterweihe der Frau oder Kommunionempfang für abtreibungsbereite Politiker kamen nicht zur Sprache.

Freilich suchte die Synode nach neuen Wegen. Erstmals sprachen ein nicht-katholisches Kirchenoberhaupt, Patriarch Bartholomaios I., und ein Rabbiner, Shear-Yashuv Cohen. Dann gab es für die Synodalen ein Konzert zum Paulus-Jahr, einen Film zum Wahltag von Johannes Paul II. und eine Gedenkmesse für Pius XII. Dadurch wurde die Zeit für die Arbeitsgruppen knapp. Beim abschließenden Mittagessen äußerte Benedikt XVI. daher

Mitgefühl mit den Synodalen, die teilweise um ihre verdiente Abend- und Sonntagsruhe gebracht wurden. - Für die nächste Weltbischofssynode gibt es bislang weder Termin noch Thema.
Zuvor findet im Oktober 2009 jedoch eine zweite Afrika-Synode statt. Zu deren Vorbereitung reist Benedikt XVI. im kommenden März erstmals auf den Schwarzen Kontinent, nach Kamerun und Angola.