OECD: Deutschland Rekordhalter bei ungleicher Einkommensverteilung

Die Ungleichheit wächst

Die Kluft zwischen Arm und Reich hat sich in Deutschland einem OECD-Bericht zufolge stark ausgeweitet. Seit dem Jahr 2000 seien Einkommensungleichheit und Armut schneller gewachsen als in jedem anderen Mitgliedsland der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), heißt es einer am Dienstag in Paris veröffentlichten Studie.

 (DR)

Die OECD sieht verschiedene Gründe für die wachsende Ungleichheit in Deutschland. Der Abstand zwischen hohen und niedrigen Einkommen habe seit 1995 deutlich zugenommen. Außerdem sei der Anteil der Haushalte ohne Erwerbseinkommen auf 19 Prozent gestiegen, so viel wie in keinem anderen OECD-Land. Auch die wachsende Zahl von Single-Haushalten und Alleinerziehenden trage zu der Ungleichheit bei.

Die OECD erkennt zwar an, dass die Bundesregierung durch Steuererleichterungen und staatliche Unterstützung die Armut verringert habe. Dies habe jedoch nicht ausgereicht. Zudem werde weniger für die unteren Einkommensgruppen getan als in anderen Ländern.

Positiv sei allerdings, dass die Menschen kürzere Zeit in Armut blieben als anderswo: Zwei bis drei Prozent der Bevölkerung blieben länger als drei Jahre arm. Das ist nur halb so viel wie im OECD-Durchschnitt. Außerdem hätten deutsche Haushalte weniger Probleme, den Grundbedarf zu decken und angemessen zu wohnen.

In der Studie "Mehr Ungleichheit trotz Wachstum? Einkommensverteilung und Armut in OECD-Ländern" werden Zahlen aus dem Jahr 2005 zugrunde gelegt. Erste Trends für 2006 und 2007 zeigten aber, dass die Einkommensunterschiede und die Armut 2006 weiter gewachsen seien und 2007 gestoppt wurden, hieß es.

Insgesamt kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass das Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahrzehnte den Reichen mehr als den Armen zugute gekommen sei. Neben Deutschland sei in Kanada, Finnland, Norwegen, Italien und den USA auch die Schere zwischen Reichen und der Mittelklasse gewachsen.

Kinder und Alleinerziehende arm dran
Rentnern geht es dagegen laut der Studie in vielen OECD-Staaten besser als früher. Die Kinderarmut sei indes gestiegen. Kinder und junge Erwachsene seien nun mit einer 25 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit arm als die Gesamtbevölkerung.

Alleinerziehende Eltern seien drei Mal stärker gefährdet, arm zu sein wie der Durchschnitt, obwohl die OECD-Länder drei Mal mehr Geld in die Familienpolitik investieren als vor 20 Jahren.

Ungleichheit polarisiere Gesellschaften und mache es hart arbeitenden Menschen immer schwerer, voranzukommen, warnte OECD-Generalsekretär Angel Gurría bei der Vorstellung der Studie: «Die wachsende Ungleichheit zu ignorieren, ist keine Lösung.» Er rief dazu auf, vor allem in den Arbeitsmarkt zu investieren und insbesondere schlecht ausgebildete Arbeitnehmer zu fördern.