Gewaltopfer in Indien finden Trost bei Mutter-Teresa-Schwestern

Leprastation als Flüchtlingslager

"Ich bin sehr froh, hier zu sein. Hier kann ich hoffentlich die schlimmen Erlebnisse der vergangenen Wochen verarbeiten", sagt Samuel Nayak. Er ist einer von rund 400 Menschen, die im Camp Janla Zuflucht vor der anhaltenden Gewalt von Hindu-Extremisten gegen Christen im Bundesstaat Orissa gesucht haben. Nayak ist in die Station für Leprakranke geflüchtet, nachdem sein Dorf Ranpoli im umkämpften Distrikt Kandhamal überfallen wurde.
"Wir haben von Mutter Teresas Barmherzigkeit gehört", sagt er.
"Jetzt sind wir froh, daran teilhaben zu dürfen."

Autor/in:
Anto Akkara
 (DR)

Die Station wurde von den «Missionarinnen der Nächstenliebe», dem Orden der seligen Mutter Teresa (1901-1997), in Janla eröffnet. «Wir erfahren hier sehr viel Liebe und Aufmerksamkeit und können unsere Sorgen für einige Zeit vergessen», so Nayak. In seinem Heimatdorf hatte der Katholik ein Lebensmittelgeschäft. Die Extremisten setzten den Laden und weitere zwölf Häuser in Brand und zerstörten den Christen jegliche Lebensgrundlage.

«Uns alle treiben hier die gleichen Sorgen um», berichtet der Priester Udainath Bishoyi. Er leitete das St.-Paul-Seminar in Balliguda, bis er wie Tausende anderer Christen aus Kandhamal flüchten musste. Im Camp betreut er ein Dutzend Studenten. «Sie sind sehr betroffen von der Situation, aber trotzdem freuen sie sich, dass die Schwestern Bücher besorgt haben. So können sie mit ihrem Studium weitermachen.»

Auf dem Gelände der Station wurde ein halbes Dutzend Zelte aufgebaut, wo Unterricht für die Flüchtlingskinder stattfindet. Als Lehrerinnen wurden kurzerhand Schwestern aus anderen Gemeinden verpflichtet. Auch auf dem übrigen Gelände ist geschäftiges Treiben zu beobachten. Behausungen für die Flüchtlinge werden gebaut, die täglich weiter ins Lager strömen. Währenddessen sitzen die Schwestern in kleinen Gruppen mit den Ankömmlingen zusammen, um mehr über ihren Leidensweg zu erfahren.

Lucy Pradhan schwebte in großer Gefahr, als Hindu-Extremisten erfuhren, dass sie zwei Missionarinnen der Nächstenliebe versteckt hielt. So floh sie selbst, zunächst in ein Camp in Udaigiri, wo sie zwei Wochen bleiben konnte. «Als dann der Brunnen des Lagers vergiftet wurde, beschlossen wir, zu den Schwestern zu gehen, die ich bei mir aufgenommen hatte.»

Die Oberin der Missionarinnen, Schwester Nirmala Joschi, bittet darum, die Ankömmlinge nicht Flüchtlinge zu nennen: «Sie gehören zu unserer Familie.» Am meisten, so die Nachfolgerin von Mutter Teresa, habe sie der Glauben der Menschen beeindruckt: «Sie mögen alles verloren haben - aber wie sie dennoch aus tiefstem Herzen beten, imponiert und inspiriert uns.»