Kommt in Frankfurt der Durchbruch für das E-Book?

"Der Markt ist reif"

Für Aufsehen sorgt derzeit die Mayersche Buchhandlung. In sieben ihrer Filialen in Nordrhein-Westfalen, auch in Köln, testet sie das Geschäft mit dem E-Book, dem "elektronischen Buch". Bücherfreunde können in einem der neuen elektronischen Lesegeräte stöbern und es natürlich auch kaufen. Das Gerät kostet rund 500 Euro. Die E-Book Ausgabe von Goethes Faust gibt es dann allerdings für nur 1,43 Euro.

Autor/in:
Isabel Fannrich-Lautenschläger
 (DR)

Der Markt um das elektronische Buch ist in Deutschland bisher klein und
unübersichtlich, technische Standards fehlen. Das könnte sich auf der
Frankfurter Buchmesse jedoch ändern. Zahlreiche Verlage werden in ihrem Programm auch E-Books vorstellen. Mit großer Spannung erwartet die Fachwelt den Auftritt des Internethändlers Amazon. Sollte dieser hier seinen E-Book-Reader "Kindle" präsentieren, verspricht sich der deutsche Markt davon einen kräftigen Impuls.

In den USA ist das weiße Lesegerät für elektronische Bücher schon seit 2007 zu haben. "Es ist eine Bücherei", lässt Amazon Autoren wie Nobelpreisträgerin Toni Morrison für den buchgroßen, knapp 300 Gramm schweren "Kindle" werben und verspricht: "Das Leben wird leichter."

Auf rund 160.000 Bücher von Amazon hat der Nutzer Zugriff. Weil der drahtlose "Kindle" über Mobilfunk ständig mit dem Internet-Riesen verbunden ist, lädt sich der Leser im Zug Tageszeitungen herunter und stöbert am Strand in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia oder einem von 350 Blogs. Die "elektronische Tinte" auf hellgrauem Hintergrund erhöht die Lesbarkeit, mit Hilfe der Tastatur unter dem Bildschirm kann man "blättern" und Notizen machen. Auch die Firma Sony hat einen elektronischen Reader entwickelt.

Kaum Belletristik
Bislang waren die Nutzer von E-Books in Deutschland überwiegend auf ihren
Computer angewiesen. Das gängige elektronische Buch im PDF-Format sieht auf dem Laptop genauso aus wie im Original und kann sich dem Bildschirm nicht anpassen. Deshalb stößt das papierlose Lesen immer noch auf große Skepsis. "Einen Krimi auf dem PC lesen? Das macht keiner. Dazu ist die Buchgemeinde doch zu sehr dem Papierformat angetan", sagt Larry Augschöll, bei der Verlagsgruppe Random House in München für E-Books zuständig. Neben einem bequemen Lesegerät mit dynamischem Bild mangelte es bisher auch an einer hochwertigen Auswahl vor allem belletristischer Titel.

Wieviele Bücher schon digitalisiert sind, weiß niemand. Umsatzzahlen gibt es
nicht. "2008 ist das große Jahr des E-Books. Der Markt ist reif für das Thema, aber er ist noch zu klein", sagt Erhardt F. Heinold. Der  nternehmensberater organisiert auf der Frankfurter Buchmesse das
"Forum Innovation". Beim Umsatz mit E-Books handelt es sich seiner Einschätzung nach um "eine kleine einstellige Zahl, weit unter fünf Prozent". Auf fünf bis 25 Prozent könnte der Anteil elektronischer Bücher in den nächsten Jahren wachsen, heißt es aus dem Umfeld des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Die Anzeichen für ein steigendes Interesse an elektronischer Lektüre mehren
sich deutlich. "Keiner möchte den Marktstart verpassen", sagt Augschöll.
Random House bietet derzeit in Deutschland 450 elektronische Titel, die
Münchner Verlagsgruppe Droemer-Knaur mehr als 50.

Die Lektoren von Kiepenheuer & Witsch und vom S. Fischer Verlag nutzen
teilweise bereits einen Reader zum Lesen von Manuskripten. "Belletristische
Lektoren arbeiten mit E-Books. Das ist irre", kommentiert Heinold.

Wissenschaftler als Vorreiter
Wissenschaftliche Fachverlage geben ihre Werke immer häufiger sowohl in
gedruckter als auch in digitalisierter Form heraus. Oder sie setzen bei
technischen Inhalten, die sich rasch ändern, gleich auf die elektronische
Variante.

Auch die Unis rüsten um. Die TU Darmstadt etwa verzeichnet rund 8.000 E-Books in ihrem Bibliothekskatalog, bis Jahresende sollen es 9.000 sein. Dabei wird das E-Book als PDF-Datei entweder wie das gedruckte Pendant auf Dauer gekauft, oder es kann gegen eine Lizenzgebühr für ein Jahr genutzt werden. Die Kosten für die Anschaffung von Büchern sind beim Lizenzmodell niedriger, erklärt Ina Dächert vom Arbeitsbereich E-Medien der TU. Außerdem haben über Computer wesentlich mehr Leser Zugriff auf ein Buch - kein Frust mehr, dass das gewünschte Buch schon ausgeliehen ist. "E-Books werden von Studenten immer besser genutzt", stellt Dächert fest.

Der E-Book-Internethändler "ciando" bietet mehr als 30.000 Titel von rund 250 Verlagen. Hinter jedem Titel zeigt er die Preisersparnis gegenüber der
Printausgabe. Ciando bietet auch an, was an das Zappen beim Fernsehen oder das Surfen im Internet erinnert: das Lesen in Häppchen. Über eine Suchfunktion kann man die entsprechenden Kapitel auswählen: "Kaufen Sie so viel (vom) E-Book, wie Sie wollen."

"Wir stellen noch nicht fest, dass die Zahl der gedruckten Bücher
zurückgeht", sagt Ute Schwens, Hausdirektorin der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main. Hier steht man erst am Anfang, elektronische Bücher und Zeitschriften zu erfassen. Doch auch sie glaubt: "Wenn die Entwicklung so weiter geht, man die Lesegeräte standardisiert und gegenseitig die Angebote eines anderen Verlages nutzen kann, wird das immer interessanter."

Das E-Book testen können Sie in Köln zum Beispiel in der Mayerschen Buchhandlung am Neumarkt.