Papst: Christliche Freiheit bedeutet nicht Willkür - Audienz für Pilger aus Essen

Christus ist das grundlegende Maß

Rund 20.000 Pilger und Besucher aus aller Welt haben am Mittwoch an der ersten Generalaudienz von Papst Benedikt XVI. nach seiner Rückkehr aus Castelgandolfo in den Vatikan teilgenommen. Unter den Gläubigen, die das Kirchenoberhaupt bei strahlendem Herbstwetter auf dem Petersplatz begrüßten, waren auch 600 Katholiken aus dem Ruhrbistum Essen. Sie waren anlässlich des 50-jährigen Bestehens ihrer Diözese unter Leitung von Bischof Felix Genn nach Rom gepilgert.

 (DR)

Christliche Freiheit bedeutet nach Worten von Papst Benedikt XVI. nicht Zügellosigkeit oder Willkür, aber auch keine blinde Beachtung ritueller Regeln. Sie bestehe vielmehr in einer "Gleichförmigkeit mit Christus", die sich vor allem in der Nächstenliebe und in Gerechtigkeit äußere, betonte der Papst am Mittwoch bei seiner Generalaudienz im Vatikan.

In der Kirche sei Christus das grundlegende Maß für alle. Das schließe aber auch ein, dass wir «im Dialog immer wieder unseren gemeinsamen Weg finden müssen». Benedikt XVI. setzte damit anlässlich des Paulus-Jahres seinen Predigt-Zyklus über den Apostelfürsten fort. Konkret ging er auf das Apostelkonzil von Jerusalem und die unterschiedlichen Positionen ein, die Petrus und Paulus für den Zugang zum Glauben vertraten. Petrus sei dabei stärker auf die rituellen Erwartungen der aus dem Judentum kommenden Christen eingegangen, Paulus habe sich ihm aber widersetzt und sich für die Heidenchristen stark gemacht. Es sei den Aposteln bei der Kontroverse nicht um Rechthaberei gegangen, betonte der Papst. Zwar hätten sie in dieser schwierigen Frage unterschiedliche Ansichten vertreten, letztlich jedoch eine Einigung erreicht. Dies zeige, wie eine «offene Aussprache, die auf der Liebe gründet und sich am Evangelium ausrichtet, die Kirche auf ihrem Weg vorwärts bringt».

Wörtlich sagte der Papst: „Beim so genannten Apostelkonzil in Jerusalem hörten die Apostel und Ältesten der Kirche das Zeugnis von Paulus und Barnabas sowie die Erklärungen von Petrus und Jakobus. Unter Anleitung des Heiligen Geistes kamen sie dann zum Entschluss, von den Heiden, die durch die Gnade und den Glauben an Christus das Heil gefunden hatten, nicht auch noch die jüdische Beschneidung zu fordern. Wenig später kam es aber zu einem Zwischenfall in Antiochia, wo Petrus sich von den bekehrten Heiden absonderte, um bei den gesetzestreuen Judenchristen keinen Anstoß zu erregen. Paulus sah darin eine Gefahr für die Wahrheit des Evangeliums und trat Petrus entgegen. Bei dieser Kontroverse ging es den beiden Apostelfürsten nicht um Rechthaberei; sie hatten zwar in dieser schwierigen Frage unterschiedliche Ansichten, fanden jedoch schließlich zu einer Einigung. Der Vorfall zeigte ihnen, dass eine offene Aussprache, die auf der Liebe gründet und sich am Evangelium ausrichtet, die Kirche auf ihrem Weg vorwärts bringt."

Ein besonderes Grußwort richtete Benedikt XVI. an die Essener Diözesan-Wallfahrt zum 50-jährigen Bestehen des Ruhrbistums. Der Rom-Besuch zu diesem Jubiläum «sei für euch ein Aufbruch zu einem erneuerten Leben aus dem Glauben». Die Wallfahrt wurde angeführt von Bischof Felix Genn und seinen Weihbischöfen Franz Vorrath und Ludger Schepers.

Einen weiteren Gruß richtete das Kirchenoberhaupt an den Chor der Deutschen Schule der Borromäerinnen aus dem ägyptischen Alexandria, der mit 120 Mitgliedern nach Rom gekommen war.