Horst Seehofer gilt als aussichtsreicher Anwärter auf den Parteivorsitz der CSU

Zweite Chance?

Oft hat Horst Seehofer in diesem Landtagswahlkampf Ambitionen auf den CSU-Vorsitz bestritten. Aber alle Dementis des 59-Jährigen änderten nichts daran, dass der CSU-Vizechef weiter bei Personalspekulationen im Mittelpunkt stand. Mit dem enttäuschenden CSU-Ergebnis vom Sonntag rückt der Bundesagrarminister als mögliche Alternative zu Erwin Huber in den Vordergrund.

Autor/in:
Jörg Säuberlich
 (DR)

Seehofer hatte vor einem Jahr den Machtkampf um den CSU-Vorsitz verloren. Auf dem Parteitag in München setzte sich Huber am 29. September 2007 mit 58,19 Prozent der Stimmen durch. Seehofer bekam 39,10 Prozent, auf dem dritten Platz folgte Gabriele Pauli mit 2,5 Prozent.

Die Chancen des CSU-Vizechefs auf den Parteivorsitz hatten sich zuvor durch den Medien-Wirbel um seine Berliner Geliebte verschlechtert. Mitte Juni 2007 bekannte sich Seehofer offen zu der gemeinsamen Tochter, entschied sich dann aber für seine Ehefrau, mit der er drei Kinder hat. Von politischen Gegnern wurde Seehofer damals unter anderem vorgeworfen, zu lange für die Ordnung seiner privaten Verhältnisse gebraucht zu haben.

Von CSU-Funktionären wurde der Ingolstädter sowieso schon seit längerem mit Argwohn betrachtet, weil er sich nicht immer an die Parteidisziplin hielt. Dabei ging die Karriere Seehofers lange Zeit steil nach oben. Mit 31 Jahren wurde er Bundestagsabgeordneter, mit 42 Jahren Bundesgesundheitsminister. Die Wahlniederlage der Union 1998 brachte einen Karriereknick. Als Fraktionsvize machte Seehofer einen kurzen Abstecher in die Europapolitik, kehrte 2000 aber in sein ursprüngliches Fachgebiet zurück.

Im Januar 2002 führte eine schwere Herzkrankheit zum vorläufigen Ausstieg aus der Politik. Doch im Sommer 2002 meldete sich Seehofer zurück als Minister für Gesundheit und Soziales im Schattenkabinett von Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU). Für die Union handelte er mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) 2003 den Gesundheitskompromiss aus.

Ärger ist der CSU-Vizechef gewöhnt. Als Parlamentarischer Staatssekretär im Sozialministerium unter Norbert Blüm (CDU) stritt er mit dem Koalitionspartner FDP über die Ausgestaltung der Pflegeversicherung. Als Bundesgesundheitsminister von 1992 bis 1998 legte er sich wegen der Budgetierung immer wieder mit den Ärzten an.

Auch in der Union eckte Seehofer an. Der Höhehepunkt der internen Streitigkeiten kam Ende 2004, als er wegen des Hick-Hacks um das Gesundheitsprämien-Modell der CDU als Vizechef der Unions-Fraktion im Bundestag zurücktrat. Sein Amt als CSU-Vize behielt er allerdings - und erreichte bei der Bundestagswahl 2005 das zweitbeste Erststimmenergebnis für die Union auf Bundesebene.

Es folgte die überraschende Rückkehr ins Bundeskabinett: Edmund Stoiber setzte ihn als Agrar- und Verbraucherschutzminister durch. Sein Image als soziales Gewissen der Partei baute Seehofer als Chef der Arbeitnehmer-Union der CSU (CSA) weiter auf.

Im Landtagswahlkampf hatte Seehofer sowohl Huber als auch den bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU) ausdrücklich gelobt. Ferner mahnte er mit Blick auf schlechte Umfragewerte, die CSU müsse «zusammenstehen und kämpfen». Allerdings sorgte die Äußerung von Seehofer für Wirbel, dass ein Ergebnis von «52,X Prozent» der CSU-Doppelspitze aus Huber und Beckstein eine «natürliche Autorität» verleihen würde.

Es folgten Spekulationen, der Bundesagrarminister könnte im Falle eines schlechteren Wahlausgangs seinen Anspruch auf den Parteivorsitz anmelden. Daraufhin versicherte Seehofer: «Die Sache ist entschieden. Jetzt laufe ich nicht jeden Tag in unserer Republik rum und überlege, wie kann ich jetzt noch das Treppchen hochkommen.» Doch nun werden die Karten neu gemischt. Seehofer sagte dazu am Montag vor den Beratungen des CSU-Vorstands: «Wir reden jetzt in aller Ruhe miteinander.»