Kirchliche Einrichtungen helfen jungen Müttern

Mama mit 16

Auch wenn Statistiker einen leichten Rückgang verzeichnen: Im vergangenen Jahr bekamen bundesweit rund 4.000 minderjährige Mädchen ein Kind. Alleine zurecht kommen die jünge Mütter selten - und suchen häufig Hilfe in kirchlichen Einrichtungen. Die Nachfrage dort ist groß.

Autor/in:
Volker Hasenauer
 (DR)

Sarah ist 16 und seit fünf Monaten Mutter. Den Vater ihrer kleinen Noana will sie am liebsten nicht mehr sehen. Er ist vor Gericht gegangen, um sich gegen eine Anerkennung der Vaterschaft zu wehren. Auch bei ihrer Mutter konnte Sarah nicht bleiben. "Das hätte nur noch Streit gegeben, das ging einfach nicht mehr", sagt sie ruhig, während sie ihr Töchterchen auf den Beinen wiegt. Also suchte Sarah im Internet nach einem Ausweg - und kam so ins Stuttgarter Paulusstift. Die Einrichtung des Caritasverbands im Bistum Rottenburg-Stuttgart nimmt alleinerziehende Mädchen und Frauen in Notlagen auf.

Die Nachfrage für Plätze in den häufig von den Kirchen betriebenen Anlaufstellen ist groß, oft gibt es Wartelisten. Denn auch wenn die Statistiker einen leichten Rückgang verzeichnen, bekamen im vergangenen Jahr bundesweit rund 4.000 minderjährige Mädchen ein Kind. Wie Paulusstift-Leiterin Heidi Nagler beobachtet, schicken die Jugendämter in jüngster Vergangenheit sogar vermehrt Teenie-Mütter in die spezialisierten Einrichtungen.

Das könnte damit zusammenhängen, dass Kinder von Minderjährigen nicht mehr so leicht von der leiblichen Mutter getrennt und in Pflegefamilien gegeben werden. Sicher aber auch damit, dass "immer mehr der familiäre Rückhalt wegbricht und die Mädels alleine mit ihrem Baby dastehen", wie Naglers Kollegin Helma Kühner sagt. "Aber mit 16 und einem Kind hast Du alleine keine Chance."

Meist kommen viele Probleme zusammen
Vor dem langgezogenen dreistöckigen Gebäude des Paulusstifts sind Dutzende Kinderwagen geparkt. Auf den Balkonen stehen Mädels mit Zigaretten. Aus der angegliederten Kita kommt Kindergeschrei.
Jacqueline, schwarzes Bauchfrei-T-Shirt und Glitzer-Gesichtspiercing, hat schlechte Laune. Schnell gibt die Teenager-Mutter ihre Strafarbeit an Hausleiterin Nagler. "Mehr als vier Punkte sind mir nicht eingefallen", sagt sie und zieht rasch die Tür wieder zu. Weil sie immer wieder gestört hat, sollte Jacqueline aufschreiben, warum es sinnvoll ist, am wöchentlichen Gruppengespräch mitzuarbeiten.

Wenn Teenies selbst Kinder haben, kommen meist viele Probleme zusammen. Mal sind es das zerrüttete Elternhaus oder psychische Probleme, mal die große Unreife der Teenager oder in Einzelfällen Drogenkonsum. Auf diese Herausforderungen reagieren die Pädagoginnen des Frauenhauses in Stuttgart mit umfassender Unterstützung. Rund um die Uhr sind Betreuerinnen da, sorgen während der Schul- oder Ausbildungszeiten für die Kinder und nehmen ein schreiendes Baby auch mal über Nacht zu sich, wenn die jungen Mütter wegen einer Schularbeit am nächsten Morgen Ruhe brauchen.

"Alleine würde ich mit meiner Mia nicht zurechtkommen", sagt Ninja, die ihre Schwangerschaft 30 Wochen lang verheimlichte und seit einem Jahr im Paulusstift lebt. Warum sie sich niemandem anvertraute, weiß die 16-Jährige selbst nicht so recht. Vielleicht auch aus Angst, zu einer Abtreibung gedrängt zu werden. Bundesweit wurden im vergangenen Jahr 6.175 Abtreibungen von minderjährigen Schwangeren verzeichnet; noch einmal 8.814 werdende Mütter im Alter von 18 bis 20 Jahren entschieden sich für einen Schwangerschaftsabbruch.

Chance auf ein selbstständiges Leben
Einen anderen Weg gingen die 36 Mädchen und Frauen, die mit ihren Babys im Paulusstift leben. Dabei gibt es unterschiedliche Stufen der Begleitung: von der intensiv betreuten Wohngruppe bis zum Appartementhaus, wo die Alleinerziehenden nur noch auf Zuruf Beratung und Unterstützung erhalten. "Wer bei uns durchhält und sich über die Jahre ein soziales Netz aufbaut, der hat eine echte Chance auf ein selbstständiges Leben", sagt Betreuerin Kühner.

Nicht alle schaffen das, bei Drogenrückfall oder massiver Verweigerung kann das Konzept scheitern und es zum Beispiel nötig werden, das Kind gegen den Willen der Mutter in eine Pflegefamilie zu geben. "Im Moment gehen zehn von zwölf Frauen aus unserer Intensivbetreuung zur Schule oder machen eine Ausbildung", sagt Paulusstiftleiterin Heidi Nagler. Ob es dabei bleibt, darüber wagt sie lieber keine Prognose: In zwei Monaten kann die Lage anders aussehen.