Studie geht Rolle von Religion im Web nach

"Verkündigung 2.0"

Die Verabredung zur nächsten Party oder die Diskussion über Studiengebühren - Internetforen sind für Jugendliche längst zur Kommunikationsbörse schlechthin geworden. Aber wie ist es um kirchliche Möglichkeiten im www bestellt?

Autor/in:
Michael Kinnen
 (DR)

Wer einen Internetzugang hat, kann sich in virtuellen Gemeinschaften anmelden und etwa über Sport, Politik oder Hobbies diskutieren. Immer mehr suchen im Internet auch nach Antworten auf die Sinnfragen des Lebens. Das beobachtet der Frankfurter Religionspädagoge und Mediendidaktiker Bernd Trocholepczy. In einer Studie fragt er nach kirchlichen Optionen, die sich aus dieser Entwicklung ergeben. Seine These: In den konventionellen Medien wie Zeitung, Buch, Radio und Fernsehen werde zwar über die Kirche als Institution berichtet. Die unmittelbare Kommunikation über Glaubensfragen aber finde eher im Internet statt.

Die Möglichkeit dazu bietet das sogenannte Web 2.0.: Jeder, der einen Internetanschluss hat, kann Inhalte produzieren und anderen im Internet zugänglich machen. In Diskussionsforen wie "Chats", Internet-Tagebüchern ("Blogs") oder Internetportalen, in denen Fotos, Videos oder Musik ausgetauscht werden, kommt auch immer mehr Religiöses vor. Die Angebote stammen bislang aber eher von privater Seite und nicht so sehr von den Kirchen. Hier sieht Trocholepczy große Potenziale, gerade auch solche Jugendlichen und Erwachsenen anzusprechen, die zwar eine hohe Internetkompetenz hätten, dort aber nur wenige interaktive Angebote der Kirchen vorfänden.

Landkarte geplant
In der Studie "Verkündigung 2.0", die Trocholepczy an seiner Professur an der Goethe-Universität Frankfurt im Auftrag der in Kassel ansässigen Akademie Bruderhilfe-Familienfürsorge mit einem kleinen Team durchführt, sollen zunächst die interaktiven kirchlichen Angebote im Internet auf einer virtuellen "Landkarte" zusammengestellt werden. So soll deutlich werden, wo Entwicklungsmöglichkeiten für kirchliche Angebote bestehen und wie eine zielgruppenorientierte Verkündigung in dem neuen Medium künftig aussehen kann.

Jürgen Pelzer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur, ist unter Mitwirkung von Dietmar Heeg Autor der entstehenden Studie. Bis Februar will er die "Landkarte" zusammengetragen haben, um anschließend Optionen für künftige Angebote zu entwickeln. Bis zum Sommer sollen dann Ergebnisse vorliegen. "Wir haben beobachtet, dass es sogar schon Firmgruppen gibt, die sich über Internet-'Communities' zusammenfinden", sagt Pelzer.

Die Untersuchung ist selbst interaktiv angelegt
Nach seinen Beobachtungen decken Internetseiten auf Pfarreiebene eher schon den interaktiven Bereich ab, als Seiten höherer Strukturebenen, etwa Bistumsseiten, Seiten der Deutschen Bischofskonferenz oder der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Kommunikation auf den interaktiven Seiten sei zielgruppenorientierter und damit nutzerfreundlicher als auf den reinen Informationsseiten. Gerade kirchenferne Zielgruppen, wie sie die Sinus-Milieustudie 2005 benannt hat, könnten aber als "E-Milieu", also als an elektronischen neuen Medien interessierte Nutzer, durch solche Möglichkeiten positiv angesprochen werden.

Die Untersuchung ist selbst interaktiv angelegt: In bestehenden Foren und in "Communities" im Internet sollen Nutzer einbezogen werden und selbst bei der Zusammenstellung der bisherigen Angebote mitwirken. Internetnutzer können dann mit der geplanten "Landkarte" zielgenau auf die bestehenden Angebote zugreifen. Die Forscher versprechen auch Kriterien, anhand derer kirchliche Anbieter die Verkündigung im Internet verbessern könnten. Übrigens: Die Studie kann in der "Community" interaktiv verfolgt und diskutiert werden:  www.kirche-im-web20.de.