Deutsche arbeiten im Durchschnitt 41 Stunden in der Woche

Immer mehr Überstunden

Die Deutschen arbeiten einem EU-weiten Vergleich zufolge sehr viel länger als Beschäftigte in anderen Ländern, obwohl die Tarifarbeitszeit unter dem EU-Durchschnitt liegt. Nach einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" beträgt die tatsächliche Wochenarbeitszeit 41,1 Stunden. Die tarifvertraglich vereinbarte Arbeitszeit liege bei 37,6 Stunden - eine Stunde weniger als der EU-Durchschnitt. Ursache für diese Differenz sind nicht nur Überstunden, auch die Tarifvereinbarungen gelten für immer weniger Unternehmen.

 (DR)

"Immer längere Arbeitszeiten behindern den Beschäftigungsaufbau, sind familienfeindlich und gesundheitsschädlich", sagte DGB-Chef Michael Sommer der "Welt". Wenn die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werde, "dann hätten auch mehr Menschen eine Chance auf einen Arbeitsplatz". Zudem steige die Lebensqualität.

Georg Hupfauer von der Katholischen-Arbeitnehmer-Bewegung äußerte sich dazu im domradio-Interview: "30 Stunden Arbeit pro Woche reichen zum Leben aus." Es wäre hilfreich, wenn nicht immer mehr Überstunden gemacht würden, sondern den Menschen eine Chance gegeben würde, die erwerbslos sind. Allerdings sollte, wer wenig Lohn hat und wenig Arbeit hat, einen Lohnausgleich bekommen.

Franzosen arbeiten laut der EU-Studie am wenigsten, aber das sei weder als ein Vor- noch ein Nachteil zu sehen. Jedes Land habe seine sozialen Probleme, ergänzt Hupfauer. "In Deutschland heißt es, wir leben um zu arbeiten, in Frankreich allerdings, wir arbeiten um zu leben."

Von 2003 bis heute erhöhte sich die tatsächliche Wochenarbeitszeit in Deutschland den Angaben zufolge um 3,3 Stunden auf 41,1.  Damit belegt Deutschland den vierten Platz unter den 27 EU-Ländern. Laut Studie der EU-Agentur zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in Dublin (Eurofound) zur "Arbeitszeitentwicklung in der EU" arbeiten nur die Beschäftigten in Bulgarien (41,7 Wochenstunden), Großbritannien (41,4) und in Tschechien (41,2 Wochenstunden) in der Praxis länger, heißt es in der Studie. Die tatsächliche Wochenarbeitszeit in den EU-Staaten liege im Durchschnitt bei 40 Stunden. Am wenigsten arbeiten laut der Studie im Auftrag der Mitgliedsländer die Beschäftigten in Frankreich (37,7), Italien (38,4) und Dänemark (38,6).

Mehr Flexibilität gefordert
Der Arbeitsmarktforscher Eugen Spitznagel kritisiert den neuen Höchststand bei den Arbeitszeiten. «Wir brauchen nicht noch längere, sondern flexiblere Arbeitszeiten», sagte der Wissenschaftler vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg.

Es gebe zwar vielfach schon Arbeitszeitkonten, aber man sollte mehr darüber nachdenken, wie man die betrieblichen Verhältnisse für die Bedürfnisse der Mitarbeiter verbessern könnte. Menschen seien nicht unendlich belastbar, unterstrich Spitznagel. Er wies zugleich darauf hin, dass nach IAB-Untersuchungen die Anzahl der bezahlten Überstunden zurückgehe. «Dabei handelt es sich allerdings um offizielle, bezahlte Überstunden. Nach unserer Vermutung ist die Zahl der unbezahlten Überstunden nochmal genauso hoch», sagte Spitznagel.

Nicht erwähnt in all den Studien sind die vielen Urlaubstage der Deutschen, Dreißig sind es im Schnitt.