Schauspieler Krassnitzer über Kirche, Krisen und Komödien

Anlaufstelle im "worst case"

Als "Winzerkönig", "Bergdoktor" oder "Tatort"-Kommissar ist Harald Krassnitzer im Fernsehen sehr präsent. Jetzt praktiziert der 47-Jährige auf ganz neuem Gebiet: An der Seite von Mariele Millowitsch mimt er einen katholischen Prälaten mit nicht ganz weißer Weste. Denn der sympathische Soutanenträger hat heimlich ein uneheliches Kind - und wird auch noch in den Verkauf eines Bordells verstrickt: "Mein Gott, Anna!" heißt die Komödie, die die ARD am Freitag ab 20.15 Uhr zeigt. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch in Hamburg äußert sich Krassnitzer zu Kirche, Krisen und Komödien.

 (DR)

KNA: Herr Krassnitzer, Sie spielen in «Mein Gott, Anna!» den katholischen Prälaten Schwanthaler. Warum haben Sie die Rolle angenommen?
Krassnitzer: Da musste man mich nicht groß bitten. Ich wollte schon länger einmal mit Mariele Millowitsch spielen, weil sie mich als Schauspielerin immer sehr fasziniert hat. Ich mag ihre Disziplin, ihre Authentizität, ihren Humor, ihre Ausstrahlung. Da ergab sich das sehr günstig. Es ist ja keine sehr große Rolle, aber dieser Prälat, der sich mit seinem versteckten Kind in diesen Fall einschaltet - das hat Charme.

KNA: Wie spielt man so einen Kirchenmann?
Krassnitzer: Da gibt es zwei Möglichkeiten, entweder man denunziert diese Geschichte und macht eine Karikatur daraus, oder man nimmt es ernst und spielt es «ernsthaft komisch». Dann hat es Witz, aber es stellt niemanden bloß.

KNA: Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?
Krassnitzer: Darauf musste ich mich nicht sonderlich vorbereiten. Priester fühlen und reden ja nicht anders als normale Menschen. Es ist nur die Frage, wie geht er mit seinem Kind um, wie verhält er sich und wie behandelt er den Fall. Ich musste ja keine kirchlichen Rituale vollziehen, die etwas komplexer sind, sondern man zieht die Soutane an und versucht, die Position der katholischen Kirche zu vertreten.

KNA: Wie stehen Sie persönlich zur Position der katholischen Kirche?
Krassnitzer: Positiv ambivalent. Ich bin vor einigen Jahren im Zusammenhang mit dem Fall des Kardinal Groer und dem Thema sexuelle Übergriffe auf Jugendliche durch Geistliche ausgetreten. Einer meiner besten Freunde ist aber Weihbischof, und mit dem führe ich auch sehr spannende, kontroverse Diskussionen

KNA: Welche Rolle spielt die Kirche in der heutigen Gesellschaft?
Krassnitzer: Ich bin froh, dass es diese Institution gibt, weil sie nach wie vor - manchmal besser, manchmal schlechter - eine Basis unserer Gesellschaft ist. Ich lege großen Wert darauf, dass unser Sohn Leo katholisch erzogen wird. Denn ich glaube, dass das die wesentlichen Handwerkszeuge sind, mit denen man durchs Leben kommt.

Die Grundfesten des Katholizismus sind nun mal die Spielregeln, die wir uns in Europa gegeben haben. Das finde ich richtig, das sollte man weiter tragen und praktizieren.

KNA: In der Tatort-Folge «Passion» sind Sie bereits einmal als Kommissar in die Welt kirchlicher Passionsspiele eingetaucht. Was ist das Besondere am Milieu Kirche?
Krassnitzer: Die Umgebung hat natürlich einen Reiz. Da gibt es immer wieder schöne Themen, die man nicht nur für den Tatort aufgreifen kann. Auch in der Unterhaltungsliteratur sehen Sie das ja: Etwa die Romanverfilmungen «Illuminati» oder «Da Vinci-Code» zeigen, wie man Kirche, Glaube, Mystik, gewürzt mit einem Schuss Thriller, zu einem geldbringenden Konglomerat machen kann.

KNA: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre katholische Kindheit?
Krassnitzer: Vor allem Erstkommunion und Firmung sind mir im Gedächtnis. Damals war mir das peinlich, so im Mittelpunkt zu stehen. Heute finde ich Rituale sehr wichtig. Auch, dass Kinder in eine Gemeinde aufgenommen werden: Ihr seid ein Teil von uns, den wir schützen wollen, Ihr müsst aber auch Euren Beitrag leisten. Das finde ich wirklich toll. Und Prozessionen rühren etwas in mir an.

KNA: Würden Sie wieder in die Kirche eintreten?
Krassnitzer: Ich habe nicht das Gefühl, dass ich aus der Kirche draußen bin, auch wenn ich kein zahlendes Mitglied mehr bin. Wir wohnen in einem kleinen, idyllischen Dorf in der Nähe von Wuppertal, das sehr katholisch ist. Ich genieße diese Form der Dorfgemeinschaft unglaublich, das sind offene, engagierte Leute, die ihren Glauben praktizieren. Und mit Leo, der gerade zur Erstkommunion gegangen ist, gehen wir dort öfter zur Kirche. Auch wenn er - genau wie ich als Kind - oft keine Lust hat. Aber er wird später immer wissen, wenn es mal zum «worst case», zur schweren Krise, kommt, da gibt es eine Anlaufstelle.

KNA: Haben Sie mal den Papst getroffen?
Krassnitzer: Mein befreundeter Weihbischof wollte mich zu einer Audienz mit Papst Benedikt bei dessen Österreich-Besuch mitnehmen.

Dazu kam es aber nicht wegen Dreharbeiten. Andererseits, was sollte man in diesem kurzen Augenblick erfahren, außer dass man einer Persönlichkeit gegenüber tritt, von der man weiß, sie ist quasi der Chef dieses Unternehmens. Die entscheidenden Fragen kann man nicht ansprechen.