Martin Schulz für die Europawahl nominiert

Berlusconis rotes Tuch

Erst im Zusammenhang mit dem Namen Silvio Berlusconi klingelt es bei den meisten: Martin Schulz, ist das nicht der, der den italienischen Ministerpräsidenten...? Genau. Der SPD-Politiker bot Berlusconi vor fünf Jahren im Europaparlament die Stirn. Am Montag wurde er erneut zum Spitzenkandidaten der SPD für die Europawahl nominiert.

Autor/in:
Monika Hinner und Nikolaus Sedelmeier
 (DR)

Vor fünf Jahren noch musste sich Schulz vom italienischen Regierungschef beleidigen lassen: Silvio Berlusconi bot Schulz eine Filmrolle als KZ-Aufseher an. Plötzlich stand der Sozialdemokrat mit Halbglatze, Vollbart und randloser Brille eine Zeit lang im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.

Am Montag wurde der überzeugte Europäer mit rheinischem Akzent vom SPD-Präsidium einstimmig erneut zum Spitzenkandidaten der SPD für die Europawahl nominiert, die im Juni 2009 stattfindet. Im Rampenlicht steht der 52-Jährige bislang trotzdem nicht, auch wenn er als Vertrauter des Parteivorsitzenden Kurt Beck gilt.

Beck bekräftigte am Montag allerdings, dass er Schulz im kommenden Jahr als Nachfolger des Sozialdemokraten Günter Verheugen in die Brüsseler EU-Kommission entsenden will. Dafür müsste der SPD-Chef allerdings erst den hartnäckigen Widerstand der Union und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überwinden. Welchen Posten Deutschland im Herbst kommenden Jahres in der Kommission besetzen wird, ist offen. Verheugen ist in Brüssel für die Industrie zuständig.

Geboren am Nordhang der Eifel
Seit 1994 vertrat Schulz als Europaabgeordneter die SPD-Wahlkreise Stadt und Kreis Aachen sowie Euskirchen, Heinsberg und Düren im Europäischen Parlament, seit 2004 den Regierungsbezirk Köln. Er ist Mitglied in zahlreichen Ausschüssen und war von 2000 bis 2004 Chef der SPD-Abgeordneten im Europaparlament. Als Vorsitzender der SPE-Fraktion steht er seit Juli 2004 an der Spitze der europäischen Sozialdemokraten in Straßburg und Brüssel.

Geboren wurde Schulz am 20. Dezember 1955 in Eschweiler am Nordhang der Eifel. 1982 gründete er seine eigene Buchhandlung in Würselen, einer Kleinstadt in der Nähe von Aachen. Dort wurde er 1984 mit 31 Jahren jüngster Bürgermeister in Nordrhein-Westfalen. Das Amt behielt er elf Jahre inne, auch als er 1994 erstmals Mitglied des Europäischen Parlaments wurde.

Hobbies: Familie, Lesen und Fußball
Der SPD trat Schulz 1974 bei. Zunächst engagierte er sich bei den Jusos, 1984 wurde er für seine Partei Mitglied im Würseler Stadtrat. In der Partei stieg Schulz, dessen politische Vorbilder Nelson Mandela und Willy Brandt sind, vom Vorsitzenden des Kreises Aachen (1996) zum Mitglied des Parteivorstandes (seit 2001) auf. Auf einem SPD-Parteitag im November 2003 wurde Schulz mit 98,1 Prozent der Delegiertenstimmen erstmal zum Spitzenkandidaten der Bundesliste für die Europawahl bestimmt.

Als Hobbies gibt Schulz, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, Familie, Lesen und Fußball an. Lachen könnte er, der seine Reden stets mit Humorigem zu würzen weiß, hinzufügen. Sich selbst spart er dabei nicht aus. Auf die Frage, über wen er am liebsten lache, antwortete er: "Über mich selbst".