Erziehungswissenschaftler kritisiert im domradio die "Bildungsreise" von Angela Merkel

"Leuchttürme statt Realität"

Auf ihrer bildungspolitischen Reise durch Deutschland hat Bundeskanzlerin Angela Merkel heute Station in Ostwestfalen gemacht. Dabei besuchte sie auch eine "vorbildliche" Kindertagesstätte in Ost-Westfalen. "Man darf nicht nur Leuchttürme der Erziehung vorzeigen, man muss sich auch die Realität anschauen", fordert Dr. Ludwig Eckinger, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung, im domradio-Interview.

 (DR)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auf ihrer bundesweiten Bildungsreise am Freitag eine evangelische Kindertagesstätte in Hiddenhausen bei Herford besucht. Merkel lobte den Kreis Herford für sein Engagement in der frühkindlichen Bildung. Das Modellprojekt "Kita und Co" ermögliche Kindergartenkindern einen guten Schulstart, sagte sie. Bei ihrem Besuch wurde die Bundeskanzlerin von NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und Familienminister Armin Laschet (beide CDU) begleitet.

Auf ihrer Bildungsreise interessiere sie vor allem die Schnittstellen im Bildungsbereich, sagte Merkel. Die Erzieher der evangelischen Kita Buchenhof würden durch die Zusammenarbeit mit Grundschulen Barrieren aufstoßen, um Kindern den Übergang in die Grundschule zu erleichtern. Außerdem würden Eltern stark eingebunden, Mütter mit mangelhaften Kenntnissen erhielten Sprachkurse um die Integration zu fördern. Bei ihrer Bildungsreise will sich Merkel über das deutsche Bildungssystem informieren. Abschluss ist ein Bildungsgipfel von Bund und Ländern am 22. Oktober in Dresden.

Rüttgers: Jedes Kind soll eine Chance haben
Rüttgers begrüßte die von Merkel angestoßene Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bildungsbereich. Die Bildungslandschaft NRW sei im Aufbruch, sagte er. NRW sei dabei, die Ganztagsplätze auszubauen und habe über eine Milliarde Euro in die Vorschulbildung investiert. Es sei wichtig, den Bildungsbereich weiter zu verbessern. "Jedes Kind soll eine Chance haben" betonte Rüttgers.

Ziel des Modelprojekts "Kita und Co" ist es, die frühkindliche Erziehung und Bildung im Übergang von Kindergarten und Grundschule zu verbessern. Die Vorschulkinder der Kita Buchenhof nehmen am Unterricht der 1. Klasse einer Grundschule in Hiddenhausen teil. Die Erzieherinnen bereiten den Unterricht in der Kita nach und setzen gemeinsam mit den Lehrern Bildungsziele und Qualitätsstandards fest.

An dem auf sechs Jahre angelegten Projekt sind insgesamt 32 Institutionen im Raum Herford, Vlotho und Bünde beteiligt. Der Bielefelder Jugendforscher und Gesundheitswissenschaftler Klaus Hurrelmann begleitet das Projekt wissenschaftlich.

Merkel besuchte am Vormittag das Familienzentrum Buchenhof der evangelischen Jugendhilfe Schweicheln in Hiddenhausen. In der dazugehörigen integrativen Kindertagesstätte für Zwei-bis Sechsjährige mit und ohne Behinderungen ließ sich die Kanzlerin von Kindergarten- und Grundschulkindern mathematische Spiele und naturwissenschaftliche Experimente vorführen. Nach dem Familienzentrum stand auf Merkels Besuchsprogramm eine Hauptschule in Löhne im Kreis Herford, die es bei der Schulqualitätsanalyse 2007 unter die neun besten Schulen NRWs schaffte.