Olympiapfarrer Hans-Gerd Schütt im Peking-Blog für domradio.de - Freitag, 15. August

Teil 7: Der schmale Grad Leistung

Genau eine Woche ist es her, dass die Olympischen Spiele hier in Peking eröffnet wurden. Viel ist seitdem geschehen.

 (DR)

Für unser Team dauerte es ja eine Weile, bis der "Knoten platzte", wie man so schön sagt. Im Internet konnte ich schon auf der Seite einer deutschen Tageszeitung lesen: "Am zweiten Wettkampftag gab es endlich die erste Medaille für das deutsche Team."

Endlich die erste Medaille! Der Leistungsdruck während der gut zwei Wochen ist schon riesig. Das merkt man hier im Olympischen Dorf allen Sportlern deutlich an. Für die meisten sind die Tage von Peking der Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere. Für viele werden es die einzigen Spiele bleiben.

Vier Jahre haben sie darauf hin trainiert. Der eigene Druck - der intrinsische, wie die Sportler sagen - ist also schon groß genug. Und dann kommt auch noch der Druck von Außen. Von Medien, Trainern, Funktionären und bei manchen auch von Freunden und Verwandten.

Aber wie viel dürfen wir erwarten? Wir, für die Spiele erst so richtig mit den Goldmedaillen begonnen haben? Wir, die wir täglich den Medaillenspiegel begutachten? Wir, für die, wenn wir ehrlich sind, nur die Plätze eins bis drei wirklich zählen?

Wir, meine ich, dürfen Leistung erwarten. Ich gehöre nicht zu den Gutmenschen, die sagen: Dabei sein ist alles. Der Staat investiert viel Geld in seine Sportler. Millionen fließen jährlich in die Förderung. Entsprechend groß darf die Erwartung sein.

Allerdings ist der Grad, auf dem sich diese Erwartungshaltung befindet, schmal. Darüber bin ich mir durchaus im Klaren. Sportler müssen verlieren dürfen! Sportförderung und jahrelange Vorbereitung hin oder her. Sportler sind auch nur Menschen. Und Menschen machen Fehler. Und die hinteren Ränge sind manchmal genauso viel Wert wie Gold, Silber und Bronze. Hauptsache, die Sportler leisten ihr Bestes.

Zum Schluss noch eine kleine Episode jenseits des großen Sports. Heute Morgen spazierte ich durchs Olympische Dorf. An einem kleinen See der Parkanlage beobachtete ich eine Weile lang einen Gartenarbeiter, der den aus Blumen gebauten Schriftzug "Beijing 2008" in Ordnung brachte. Dabei musste ich daran denken, dass diese perfekt organisierten Spiele ohne ihn gar nicht möglich wären. Ohne ihn, einen der zahllosen Namenlosen aus ganz China, die still im Hintergrund dafür sorgen, dass wir Ausländer ein gutes Bild vom Land erhalten. Gerne hätte ich mit ihm gesprochen. Hätte gerne gewusst, woher er kommt und ob er Familie hat. Doch dafür reicht nach inzwischen beinahe zwei Wochen im Land mein Chinesisch noch lange nicht aus. Deshalb dankte ich ihm einfach nur.