Grüne legen Fünf-Punkte-Programm vor - Lehrerverbände fordern Reformstopp

NRW-Schulpolitik weiter in der Kritik

Die Schulpolitik in NRW kommt nicht zur Ruhe. Nur einen Tag, nachdem Ministerpräsident Jürgen Rüttgers seiner umstrittenen Schulministerin Barbara Sommer demonstrativ den Rücken gestärkt hat, haben Opposition und Lehrerverbände am Mittwoch in Düsseldorf umgehende Änderungen in der Schulpolitik gefordert.

 (DR)

Mit einem Fünf-Punkte-Sofortprogramm wollen die Grünen im Düsseldorfer Landtag für einen Kurswechsel sorgen. So sollten die Kopfnoten abgeschafft und durch ein freiwilliges Modell ersetzt werden, forderte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Sylvia Löhrmann. Die Schulen sollen «pädagogischen Spielraum» dafür erhalten, in welcher Form sie das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler dokumentieren. Zudem dürfe es kein «Zweiklassenrecht» geben, bemängelte die Grünen-Politikerin die Regelung, nach der kirchliche Schulen keine Kopfnoten vergeben müssen.

Zu den weiteren Forderungen der Grünen gehören die Gründung von Gemeinschaftsschulen sowie den Ausbau der Ganztagsschulen durch Entbürokratisierung zu beschleunigen. Darüber hinaus sollten Kinder aus sozialschwachen Familien Schulessen und -bücher kostenlos erhalten. Die Oppositionspolitikerin kritisierte in diesem Zusammenhang die Ankündigung Rüttgers, auf dem bundesweiten Bildungsgipfel im Herbst über schulpolitische Fragen zu sprechen. Die Probleme müssten hier im Land gelöst werden, sagte Löhrmann.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) begrüßte den Forderungskatalog der Grünen. Er zeige Lösungswege auf, die auf Akzeptanz bei Schülern, Eltern und Lehrern stoßen könnten», sagte der VBE-Landesvorsitzende Udo Beckmann in Dortmund.

Auch die Lehrerverbände in NRW haben den schulpolitischen Kurs der schwarz-gelben Landesregierung deutlich kritisiert. Sie forderten einen Reformstopp an den Schulen in Nordrhein-Westfalen. In den kommenden zwei Jahren sollten die Schulen nicht mit weiteren Reformprojekten belastet werden, sagte der Sprecher der Lehrerverbände NRW, Peter Silbernagel. Das «Hauptübel ist der Reformaktionismus». Die Schulen sollten jetzt erst einmal in Ruhe und mit Kontinuität pädagogisch arbeiten können, fordern die Lehrer-Vertreter der Berufskollegs und der Wirtschaftsschulen sowie der Philologen-Verband.

Neben dem Reformstopp plädieren die Lehrerverbände in einem Sieben-Punkte-Katalog dafür, begonnene Schulreformen zu überprüfen und notfalls zu korrigieren. Auch sollten die Lehrer angesichts neuer Aufgaben entlastet werden. Sie hätten «die Grenzen physischer und psychischer Belastbarkeit» erreicht. Zu den weiteren Maßnahmen gehören, die Attraktivität des Lehrerberufs zu verbessern und die geplante Reform der Lehrerausbildung zu überarbeiten.

Unterstützung erhielten die Lehrerverbände von der früheren Schulministerin Ute Schäfer (SPD). Vor dem Hintergrund «aggressiver Abwerbeaktionen anderer Bundesländer und des massiven Unterrichtsausfalls» forderte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion die Landesregierung zum Handeln auf. Statt eines schulpolitischem Stillstands brauche NRW ein umfassendes Konzept, um die Lehrerversorgung zu sichern und den Unterrichtsausfall zu bekämpfen.

Der Schulexperte der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Recker, verteidigte die Schulpolitik der Landesregierung. Er sprach sich für eine «behutsame Weiterentwicklung» der Schulen aus, die durch den Reformstau der rot-grünen Vorgängerregierung notwendig geworden sei.