Bei Gaskosten sollen bis zu 5 Millionen Euro gespart werden

Kirchen machen Energie-Konzernen Konkurrenz

Seit Tagen melden sich elektrisierte Kirchenvertreter aus ganz Deutschland in Freiburg. Der Energie-Coup der Kirchen im Südwesten sorgt über die Landesgrenzen hinaus für erhebliches Aufsehen. Denn die beiden großen Kirchen in Baden-Württemberg gründen in Konkurrenz zu EnBW, Badenova und den Stadtwerken ein Gas-Versorgungsunternehmen und wollen so die evangelischen und katholischen Gemeinden und Einrichtungen direkt selbst beliefern. Ihr Ziel: Kostensenkungen von bis zu zehn Prozent - bei einem Gesamtjahresvolumen von 50 Millionen Euro.

Autor/in:
Volker Hasenauer
 (DR)

Offizieller Lieferbeginn für die Kunden ist der 1. Januar. Die Kirche kauft dann nicht länger bei den großen Zwischenhändlern ein, sondern an der Leipziger Energiebörse selbst oder bei Gas-Auktionen. Schon jetzt zeichnet sich landesweit ein enormes Interesse ab. Und sogar der Einstieg in den Strommarkt - mit einem Jahresvolumen von weiteren 50 Millionen Euro - kommt in den Blick.

«Wir werden mit Anmeldungen für Gaslieferungen geradezu überrannt», sagt Albert-Maria Drexler, Geschäftsführer der eigens gegründeten «Gesellschaft zur Energieversorgung der kirchlichen und sozialen Einrichtungen mbH» (KSE). Gesellschafter sind die beiden evangelischen Landeskirchen sowie die zwei katholischen Bistümer Freiburg und Rottenburg-Stuttgart im Südwesten, die bereits seit zehn Jahren beim Einkauf von Energie zusammenarbeiten. Drexler koordiniert das Geschäft und kontrolliert die Gas-Beschaffung, die Kundenbetreuung und die Abrechnung, welche die Badenova-Tochter ESDG für die Kirchen übernimmt.

Wenn alles nach Plan läuft, wird die KSE bei einem Jahresverbrauch von mehr als 500 Millionen Kilowattstunden auf einen Schlag ein Energie-Versorger in der Größenordnung eines mittleren Stadtwerks sein. Die kirchlichen Gaswerker zeigen sich durchaus selbstbewusst: «Ich bin sicher, dass sich das für unsere Kunden rechnen wird, sonst hätten wir es ja nicht gemacht», so der KSE-Aufsichtsratsvorsitzende Johannes Baumgartner. Genaue Lieferpreise will der Erzbischöfliche Rechtsdirektor im Freiburger Ordinariat noch nicht verraten. Seine Zusage an die rund 24.000 kirchlichen Gasabnehmer im Land aber steht: «Wir werden die bisherigen Lieferanten um mindestens 0,1 Cent pro Kilowattstunde unterbieten.»

Angepeilt ist noch mehr: Bis zu zehn Prozent sollen kirchliche Kunden mittelfristig sparen. Das wären dann etwa 0,5 Cent pro Kilowattstunde. Oder landesweit fünf Millionen Euro und mehr als 100.000 Euro für einen Großabnehmer wie ein kirchliches Krankenhaus.

Doch nicht alle Kirchengemeinden in Baden-Württemberg werden zum Kirchen-Gas wechseln. Denn mancherorts hat der Aufstieg der Kirchen zum Gasversorger für erheblichen Wirbel gesorgt. Kirchengemeinden etwa, deren Kindergärten zum Großteil von den Kommunen bezahlt werden, dürften sich schwer tun, nun den Liefervertrag mit dem kommunalen Gaswerk zu kündigen. Oder was tun, wenn die Kommune großzügig kirchliche Sozialprojekte unterstützt? Von «Einzelfällen» spricht Geschäftsführer Drexler.

Bernhard Kolb, der das Energieprojekt für die evangelische Landeskirche Württemberg leitet und auch im KSE-Aufsichtsrat sitzt, mahnt einen «behutsamen Umgang mit guten, lange gewachsenen Beziehungen» an. Die KSE werde niemals eine Gemeinde zum Wechsel zwingen. «Und es geht uns auch nicht um einen Kreuzzug gegen die Energie-Konzerne, sondern um schlichte Kostenrechnungen.»

Fest steht, dass außer der großen Mehrheit der Kirchengemeinden auch die größeren Einzelabnehmer wie Krankenhäuser, Klöster oder kirchliche Schulen unter massivem Kostendruck das kirchliche Energie-Angebot dankbar annehmen werden.

Das gesamte Jahr 2009 hat die KSE noch als Start- und Anlaufphase ausgerufen. Erst danach soll das Geschäft rund laufen - und ab 2011 auch die direkte Lieferung von Strom beginnen. Selbst ein Schritt über Baden-Württemberg hinaus scheint dann denkbar. «Wir machen jetzt erst einmal unsere Hausaufgaben und bringen unseren Laden in Ordnung, erst dann können wir vielleicht auch an unsere Nachbarn denken», so Drexler.