SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler nannte den Beschluss eine "krasse Fehlentscheidung". Auch in der SPD gelte die Meinungsfreiheit. "Wir machen alle Fehler. Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein", sagte Stiegler.
Auch der Seeheimer Kreis stellte sich hinter Clement. "Er hat einen Fehler gemacht, aber eine Volkspartei braucht starke Charaktere auch auf den Flügeln. Wahlen gewinnen wir nur gemeinsam. Clement gehört genauso zur SPD wie Andrea Nahles und Hermann Scheer", sagte Johannes Kahrs, Sprecher des Seeheimer Kreises. Er halte einen Ausschluss für falsch.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Frank-Walter Steinmeier stärkte Clement indirekt den Rücken. Steinmeier sagte, die Entscheidung der nordrhein-westfälischen Schiedskommission müsse "nicht das letzte Wort sein". Clements Äußerungen im hessischen Landeswahlkampf, mit denen er indirekt dazu aufgerufen hatte, die SPD nicht zu wählen, waren nach Ansicht Steinmeiers "alles andere als hilfreich". "Allerdings wird die Kommission auch die politische Biografie eines Sozialdemokraten zu würdigen haben, der SPD-Landesvorsitzender war, der Ministerpräsident war und der nicht gezögert hat, dem Ruf nach Berlin als Bundesminister zu folgen."
"Er verdient diese Aufmerksamkeit nicht mehr"
Er sei froh, dass es in der Volkspartei SPD viele Meinungen gebe - von Wolfgang Clement bis Erhard Eppler. "Das macht die SPD gelegentlich kompliziert, aber stark", sagte Steinmeier.
Der SPD-Politiker und Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller, warnte seine Partei, dass die Debatte um das Ausschlussverfahren von Clement der Partei schaden könne. "Er verdient diese Aufmerksamkeit nicht mehr", sagte Müller. Man solle die Äußerungen eines SPD-Mitglieds, das sich oft unpolitisch geäußert habe, nicht überbewerten und ihn und seine Äußerungen nicht mehr so ernst nehmen. "Die Aufregung um seinen möglichen Parteiausschluss schadet eher der SPD", sagte Müller.
Verständnis für die Entscheidung hat dagegen der bayerische SPD-Landesgruppen-Chef im Bundestag, Florian Pronold: "Es hat doch ohnehin seit Monaten niemand mehr geglaubt, dass Wolfgang Clement SPD-Mitglied ist da würde es auch keinen überraschen, wenn er es nicht mehr ist. Wer sich so unsolidarisch verhält, muss mit einer solchen Entscheidung rechnen."
"Sein Rauswurf wäre ein Symbol"
Das SPD-Bundesvorstandsmitglied Hermann Scheer warf Clement vor, in der Debatte über den Parteiausschluss die Öffentlichkeit zu täuschen. "Wolfgang Clement betreibt ein Ablenkungsmanöver, wenn er sich auf die Meinungsfreiheit beruft", sagte Scheer. Es gehe bei dem Ausschlussverfahren nicht um das Für oder Wider der Atomkraft oder eines Energiekonzeptes, sondern einzig um einen Punkt: "Mit seinem Namen und seiner Reputation als ehemaliger SPD-Vize und Bundesminister hat Clement eine Woche vor einer Landtagswahl dazu aufgerufen, nicht die SPD zu wählen", betonte Scheer. Damit habe er der "Partei bewusst geschadet".
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, bezeichnete den geplanten Ausschluss Clements aus der SPD als Fehler. "Die SPD tut sich damit überhaupt keinen Gefallen, weil Wolfgang Clement für eine bestimmte politische Richtung in der SPD steht", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger online". "Sein Rauswurf wäre ein Symbol dafür, dass diejenigen, die einen nüchternen, realistischen, wirtschaftsfreundlichen Kurs vertreten, in der SPD keine politische Heimat mehr haben."
Hitzige Debatte um Clement-Rauswurf
Wer ohne Sünde ist
Die Diskussion um den möglichen Parteiausschluss von Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement aus der SPD geht parteiübergreifend unvermindert heftig weiter. Viele Genossen nahmen Clement nun in Schutz - und entdecken dabei sogar die Bibel.
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