Papst trifft Religionsvertreter und schwer erziehbare Jugendliche

Nach dem Kreuzweg

Nach dem Kreuzweg durch Sydney war der Tag für Papst Benedikt noch lange nicht beendet. Papst Benedikt XVI. hat bei einer Begegnung mit Vertretern anderer Religionen in Sydney die Bedeutung des Dialogs für die Friedenssicherung unterstrichen. Und er ist mit schwer erziehbaren Jugendlichen zusammengetroffen. Dabei warnte er vor einer Flucht in Alkohol, Drogen oder Kriminalität.

 (DR)

Papst Benedikt XVI. hat bei einer Begegnung mit Vertretern anderer Religionen in Sydney die Bedeutung des Dialogs für die Friedenssicherung unterstrichen. Die Religionen könnten einen Beitrag für eine harmonische Beziehung zwischen Religion und öffentlichem Leben leisten. Dies sei um so wichtiger in einer Zeit, in der manche zur Ansicht gelangt sind, die Religion sei eher eine Ursache der Spaltung als eine einheitsstiftende Kraft.

„Ich bin als Botschafter des Friedens nach Australien gekommen.", mit diesen Worten fasste Benedikt sein Anliegen zusammen. Er schätze sich glücklich, „Sie zu treffen, die Sie sowohl diese Sehnsucht als auch den Wunsch teilen, der Welt zu helfen den Frieden zu erlangen."

Die Religionen müssten an einem Strang ziehen, so der Papst - zum Wohle des Menschen:

„In einer Welt, die von heimtückischen und wahllosen Formen der Gewalt bedroht ist, fordern gläubige Menschen die Nationen und Gemeinschaften mit vereinter Stimme dringend dazu auf, Konflikte mit friedlichen Mitteln und unter voller Achtung der Menschenwürde zu lösen."

Die Religionen eröffneten ein Menschenbild, bei dem Großzügigkeit und Freundschaft im Mittelpunkt stehen.

„In ihrem Kern können menschliche Beziehungen nicht mit Begriffen der Macht, der Herrschaft und des Eigeninteresses erklärt werden. Sie bezeugen und vervollkommnen vielmehr die natürliche Neigung des Menschen, in Gemeinschaft und in Einklang mit anderen zu leben."

Der religiöse Sinn öffne die Männer und Frauen auf Gott hin und führt sie zur Erkenntnis, dass die persönliche Erfüllung nicht in der egoistischen Befriedigung kurzlebiger Wünsche besteht. Die Religionen seien deswegen wichtig, „denn sie lehren die Menschen, dass echter Dienst Opfer und Selbstbeherrschung verlangt, die ihrerseits durch Selbstverleugnung, Mäßigung und einen bescheidenen Umgang mit den Gütern dieser Welt gepflegt werden müssen. Das führt Männer und Frauen dazu, die Umwelt als ein Wunderwerk zu betrachten, das geschätzt und bewahrt werden soll, und nicht als einen Gebrauchsgegenstand, der einfach konsumiert werden kann."

Benedikt verdeutlichte die gemeinsame Gesprächsbasis: Die Universalität der menschlichen Erfahrung ermögliche es den Anhängern verschiedener Religionen, miteinander in Dialog zu treten, um sich mit dem Geheimnis der Freuden und Leiden des Lebens auseinanderzusetzen: „In diesem Sinne sucht die Kirche eifrig nach Möglichkeiten, auf die geistliche Erfahrung anderer Religionen zu hören. Wir könnten sagen, dass alle Religionen darauf abzielen, den tiefen Sinn der menschlichen Existenz zu durchdringen, indem sie diese mit einem Ursprung oder Prinzip verknüpfen, das außerhalb von ihr liegt. Religionen bieten einen Versuch, den Kosmos als etwas zu verstehen, das aus diesem Ursprung oder Prinzip hervorgeht und zu ihm zurückkehrt. Christen glauben, dass Gott diesen Ursprung und dieses Prinzip in Jesus offenbart hat, von dem die Bibel als das „Alpha und Omega" (vgl. Offb 1,8; 22,1) spricht."

Die Suche nach Frieden gehe Hand in Hand mit der Suche nach Sinn. Das Streben nach Völkerverständigung entspringe jener Wahrheit, die dem Leben Sinn gibt, und zu ihr hin führt: „Die Religion schenkt Frieden, aber noch wichtiger, sie weckt im menschlichen Geist einen Durst nach Wahrheit und einen Hunger nach Tugend. Ermutigen wir alle - besonders die Jugendlichen -, die Schönheit des Lebens zu bestaunen, seinen letzten Sinn zu suchen und danach zu streben, sein überaus großes Potential zu verwirklichen!"
Auch der muslimische Vertreter Scheich Femhi El-Imam unterstrich in seinem Grußwort die friedensstiftende Kraft der Religionen.„Wenn Muslime und Christen und andere Glaubensgemeinschaften aufeinander zugehen und Brücken bauen statt Barrieren, wird die ganze Menschheit sich dessen erfreuen. In den letzten Tagen haben wir von den jungen Leuten gehört: ‚Lasst und einen Fundamentalismus der Liebe bauen statt eines Fundamentalismus des Hasses. Meine größte Hoffnung ist, dass Sie, Heiliger Vater, zu einer Inspiration werden für Liebe, Gerechtigkeit und Friede für die halbe Million Jugendlichen, die hier zusammengekommen sind, um ihren Glauben mit Ihren zu feiern und vielen weiteren Millionen überall auf der Welt."

Der jüdische Vertreter Rabbi Jeremy Lawrence dankte Benedikt XVI. für die Fortschritte im jüdisch-christlichen Dialog.„Eure Heiligkeit, es segne sie mit den Worten aus dem Buch Deuteronomium der Allmächtige, dass sie das spirituelle Profil und das Bewusstsein um unseren Glauben in unserer Stadt fördern. Möge Sie auch mit Gottes Segen gesund wieder nach Hause kommen und den Dialog mit den religiösen Führern, den Rabbinern und den Gelehrten fortsetzen, der in den letzten vierzig Jahren diese historische Annäherung ermöglicht hat."

Treffen mit schwer erziehbaren Jugendlichen
Bei seinem Treffen mit schwer erziehbaren Jugendlichen warnte der Papst vor einer Flucht in Alkohol, Drogen oder Kriminalität. Diese könnten zwar kurzfristig als Ausweg aus schwieriger Lage erscheinen. Letztlich förderten diese Abwege aber nicht das Leben, sondern den Tod.

Der Papst sprach vor Teilnehmern des Sozialprogramms "Alive" (lebendig) in der Notre Dame University. Ausdrücklich wandte sich Benedikt XVI. gegen eine Vergötterung von Besitz:  "Wenn wir gierig sind, wenn wir uns weigern, das, was wir haben, mit den Hungernden und den Armen zu teilen, dann machen wir unseren Besitz zu einem falschen Gott. Wie viele Stimmen in unserer materialistischen Gesellschaft sagen uns, daß das Glück darin zu finden ist, so viel Besitz und Luxusartikel zu erwerben, wie wir können! Das aber bedeutet, den Besitz zu einem falschen Gott zu machen. Anstatt Leben zu bringen, bringt er Tod."

Auch ohne Liebe wäre das Leben kaum lebenswert, betonte der Papst. Aber:
"Oft meinen die Menschen zu lieben, wenn sie in Wirklichkeit den anderen besitzen und manipulieren wollen. Manchmal behandeln sie andere als Objekte zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse und nicht als Personen, die geliebt und in Ehren gehalten werden müssen. Wie leicht kann man sich täuschen lassen von den vielen Stimmen in unserer Gesellschaft, die eine permissive Einstellung zur Sexualität befürworten, ohne Rücksicht auf Anstand, Selbstachtung oder moralische Werte, die den menschlichen Beziehungen ihre Qualität verleihen! Das ist Anbetung eines falschen Gottes. Anstatt Leben zu bringen, bringt es Tod."

Auch die Macht sei im Prinzip gut und notwendig, wenn sie mit Verantwortung gebraucht werde. Doch wenn sich jemand an die Macht klammere und den anderen zu beherrschen oder die Umwelt für egoistische Interessen auszubeuten versuche, dann wandele sich Macht zu einem falschen Götzen.

Ausgehend vom Gleichnis vom verlorenen Sohn lobte Benedikt XVI. den Mut der jungen Menschen umzukehren: "Ich sehe Euch als Botschafter der Hoffnung für andere in ähnlichen Situationen an. Ihr könnt sie von der Notwendigkeit überzeugen, den Weg des Lebens zu wählen und den Weg des Todes zu meiden, denn Ihr sprecht aus Erfahrung."

Benedikt ermunterte die Jugendlichen, auch andere zum Ausstieg aus Drogen oder Kriminalität zu bewegen. Seine Botschaft an die Jugendlichen:
  "Wählt das Leben, damit Ihr und Eure Nachkommen in der Liebe des Herrn, Eures Gottes leben könnt. Lasst Euch von seinem Geist auf den Weg des Lebens leiten, so dass Ihr seinen Geboten gehorcht, seinen Lehren folgt, die Abwege, die nur zum Tod führen, hinter Euch lasst und Euch für eine lebenslange Freundschaft mit Jesus Christus engagiert. In der Kraft des Heiligen Geistes wählt das Leben und wählt die Liebe und bezeugt vor der Welt die Freude, die das mit sich bringt. Das erbitte ich im Gebet für einen jeden von Euch an diesem Weltjugendtag. Gott segne Euch alle."
Nach der abendlichen Begegnung begab sich Benedikt XVI. in sein Quartier an der Kathedrale St. Mary.