Was die Aborigines sich vom Papst erhoffen

Benedikt trifft Barangaroo

Die Schiffsfahrt des Papstes am Donnerstag von Rose Bay über die Hafenbucht von Sydney zu seinem ersten Zusammentreffen mit den 200.000 Weltjugendtagspilgern in Barangaroo wird auch Sightseeing sein. Benedikt XVI. ist zum ersten Mal in seinem 81-jährigen Leben "down under", und der Hafen von Sydney mit den weltberühmten Wahrzeichen der Stadt, dem Opernhaus und der "Kleiderbügel" genannten Hafenbrücke, gehören zu den Highlights jeden Australien-Reisenden.

 (DR)

Die Hafenbucht ist ein zentraler spiritueller und kultureller Ort der australischen Ureinwohner, die seit mehr als 50.000 Jahren auf dem fünften Kontinent zuhause sind. "Der Papst wird auf der Schiffsfahrt nach Barangaroo auch die Aboriginal-Geschichte Sydneys kennenlernen", sagt Pater Matt Digges, WJT-Koordinator für die Aboriginal-Events.

Verbindung zwischen Weiß und Schwarz
Das Opernhaus des dänischen Architekten Joern Utzon verbindet wie kein anderer Ort in Sydney das weiße und das schwarze Australien.
Das futuristische Gebäude steht auf einer kleinen Halbinsel, die nach dem Aborigine Bennelong benannt ist. Bennelong stand den ersten Weißen in Australien offen gegenüber, obwohl mit der Ankunft der Europäer auch das lange Leiden der Aborigines begann, das bis heute anhält. Nur etwa ein Jahr nach der Ankunft der ersten Europäer 1788 war die Hälfte der Aborigines in der Gegend des heutigen Sydney an Krankheiten wie Masern gestorben, gegen die sie keine Abwehrkräfte hatten.

Bennelong verstand sich als Brückenbauer zwischen den Kulturen, wie man heute sagen würde. Das dürfte zu einigen Konflikten mit seiner Gattin Barangaroo geführt haben. Nach ihr ist das Stück Land an der Hafenbucht benannt, an dem der Papst erstmalig den Boden Sydneys betreten wird. Barangaroo sah die Weißen als Eindringlinge, als Invasoren, von denen nichts Gutes zu erwarten war. Nicht wenige Aborigines fühlen sich nach 200 Jahren Unterdrückung und Diskriminierung von Barangaroo besser verstanden als von Bennelong.

Die Aborigines gleich welchen Glaubens haben die große Hoffnung, dass der Papst in Barangaroo zu ihnen sprechen und sie als die Ureinwohner Australiens würdigen wird. "Sie haben den Besuch von Papst Johannes Paul II. vor 22 Jahren in Alice Springs noch in sehr guter Erinnerung", sagt Pater Frank Brennan, einer der profiliertesten Kämpfer für die Rechte der Aborigines. Damals hatte der Papst in einer großen Rede die Rechte der Aborigines betont und erklärt, die Kirche Australiens werde ohne ihren Beitrag und dessen echter Wertschätzung nicht im Vollsein Kirche sein können.

Lunch mit dem Papst
Craig Ashby war noch nicht auf der Welt, als Johannes Paul II. zu den Aborigines nach Alice Springs im tiefsten Outback kam. Aber er wird einer von zwölf Jugendlichen sein, die Benedikt XVI. am Freitag zum Lunch treffen werden. Der 21 Jahre alte Aborigine hofft, dem Papst eine große Bitte vortragen zu können: "Die Kirche könnte sich mehr Mühe geben, unsere Kultur und Traumzeitgeschichten in ihre Theologie einzubeziehen und zu akzeptieren."

Mit der Entschuldigung der australischen Regierung und des Parlaments für das erlittene Unrecht ist im Februar dieses Jahres eine große politische Hürde auf dem Weg zur Versöhnung beiseite geschafft worden. "Nun muss die Regierung ihr Versprechen einlösen, durch Investitionen in Schulen und Gesundheitseinrichtungen die tiefe Wohlstandskluft zwischen den Aborigines und den anderen Australiern zu schließen", betont Pater Brennan.

Während des WJT werden die Aborigines und ihre Kultur deutlich sichtbar sein. Aboriginal-Motive sind ins Design der Messgewänder des Papstes, der Kardinäle und der Bischöfe eingearbeitet. Eine der Stationen des Kreuzwegs, der am Freitag live in Sydneys Straßen inszeniert wird, soll eine Aboriginal-Thematik haben, und die Rolle der Ureinwohner in der Kirche wird auch ein zentrales Thema der Katechesen sein.

Wenn der Papstbesuch und der Weltjugendtag für die Aborigines eine ähnliche spirituelle, politische und emotionale Wirkung wie die Rede Johannes Paul II. 1986 entfaltet, dann wird das auch eine späte Genugtuung für Bennelong und Barangaroo sein. Bennelong, einst in Europa als "edler Wilder" vorgeführt, endete wie seine radikale Gattin Barangaroo: von den Weißen verstoßen und verachtet im Alkoholismus und im Gefängnis - wie so viele zehntausende Aborigines noch heute.