Seinen Namen will er nicht sagen, nur sein Alter verrät der junge Landwirt aus dem Kreis Biberach. 20 sei er, und gerade erst in die CDU eingetreten - aus Überzeugung, und weil er Oswald Metzger als christdemokratischen Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2009 verhindern will. "Persönlich" habe er ja gar nichts gegen den Ex-Grünen, beschwichtigt der junge Mann. Aber sein Favorit sei nun mal ein anderer. Auch dessen Name will er nicht verraten. Die anderen rund 1000 CDU-Mitglieder, die am Dienstagabend in die Stadthalle Biberach strömen, halten sich ebenfalls bedeckt. Sie pochen auf das Wahlgeheimnis, wenn sie auf ihren Wunschkandidaten angesprochen werden.
Metzger tritt am Dienstagabend "ohne Plan B" zur Nominierungsversammlung der Biberacher Kreis-CDU für die Bundestagswahl an. Sein Ziel: Die Rückkehr auf die bundespolitische Bühne. Das angestrebte Mittel: Eine sichere Direktkandidatur in seiner oberschwäbischen Heimat, in der die CDU auf Ergebnisse kommt wie sonst nur die CSU im nahen Bayern. Eine Bewerbung in einem anderen Wahlkreis oder gar in einem anderen Bundesland schließt er aus und macht den parteiinternen Urnengang damit zur persönlichen Schicksalswahl. "Ohne Netz und doppelten Boden" - wochenlang wiederholt er diese Phrase.
Dass einer, der als Grünen-Abgeordneter mit den CDU-Lokalgrößen Jahre lang im Dauerclinch lag, mit Gegenwehr rechnen muss, ist auch Metzger klar. Nur vereinzelt gibt es Applaus, als er in der Vorstellungsrunde als vierter von fünf Bewerbern die Bühne betritt. Sein Vortrag wirkt abgehoben. Der geübte Selbstdarsteller verheddert sich in Details zur Erbschaftssteuerreform oder zur Pflegeversicherung. Es ist, als würde er sich längst in einer Ausschusssitzung in Berlin wähnen, nicht im ländlich geprägten und katholischen Biberach, wo die Basis in der Fragerunde wissen will, wie er "christliche Werte" lebt.
Aber Metzger weiß auch um seine Vorteile im Vergleich zum scheidenden Biberacher CDU-Bundestagsabgeordneten Franz Romer, den in Berlin kaum einer kennt, und im Vergleich zu seinen vier wenig schillernden Mitbewerbern. "In ganz Deutschland kennt man inzwischen den Kreis Biberach", tönt er selbstbewusst und schreibt sich - nicht unberechtigt - diesen medialen Erfolg der Region zu. Er erzählt Anekdoten aus seinem Leben als Grünen-Bundestagsabgeordneter, davon, wie seine Ideen einst sogar von Alt-Kanzler Helmut Kohl (CDU) gelobt wurden. Und viel Applaus bekommt er, als er verkündet, Linke-Chef Oskar Lafontaine in TV-Talkshows, wo einer wie er ja ein und ausgehen kann, "den Mund stopfen" zu wollen.
Aber will man - Popularität hin oder her - einem Parteineuling, der schon bei den Grünen als schwer integrierbar und ewiger "Partei-Dissident" galt, den Wahlkreis quasi in den Schoß legen? "Ich wechsle meine Einstellung zu Parteien nicht wie andere die Krawatte", stichelt die Mitbewerberin Carmen Bogenrieder, die ihr CDU-Verdienstkonto bei der örtlichen Frauen-Union aufgefüllt hat.
Und auch der CDU-Kreischef Josef Rief, der sich letztlich durchsetzen wird, fährt die Ellenbogen aus. "Wo Josef Rief draufsteht, da ist 100 Prozent CDU-Politik drin", verspricht er, und grenzt sich damit deutlich von Metzger ab, der auch schon in der SPD war und nach seinem Abschied von den Grünen Monate brauchte, um sich zwischen CDU und FDP zu entscheiden.
Aber die Gemengelage ist nicht eindeutig. Bis nach Mitternacht bleibt es in der aufgeheizten Stadthalle spannend. Im ersten Wahlgang kommt Metzger auf 27,3 Prozent der Stimmen. Die vier Herausforderer, darunter neben Rief und Bogenrieder noch Bad Buchaus Bürgermeister Peter Diesch und der Finanzwirt Christoph Burandt erreichen zwischen 2,02 und 37,21 Prozent. Im zweiten Wahlgang mit nur noch drei Bewerbern landet Metzger mit 29,86 Prozent auf dem zweiten Platz und kann damit zur Stichwahl gegen Rief antreten.
Das Endergebnis: 41,9 Prozent für Metzger und 58,1 Prozent für den eher bieder wirkenden Landwirt Rief, den - so heißt es parteiintern - viele nicht aus Überzeugung wählen, sondern nur, weil sie gegen Metzger sind. Für Metzger, der damit am Ende seiner Karriere als Berufspolitiker steht, ist es "kein Beinbruch, sondern ein Achtungserfolg". Die Kamerateams umringen ihn, als das Ergebnis verkündet wird, nicht den Sieger. Verlieren könnte schlimmer aussehen. Metzger will sich nun erst mal auf sein neues Buch konzentrieren und einfaches CDU-Mitglied bleiben - ohne Neuanlauf auf höhere Weihen, verspricht er.
CDU versperrt Oswald Metzger die Rückkehr in den Bundestag - Achtungserfolg bei Stichwahl
Ende mit erhobenem Haupt
Der ehemalige Grünen-Politiker und CDU-Neuling Oswald Metzger muss seine Ambitionen auf ein Bundestagsmandat aufgeben. Bei der Nominierung des CDU-Direktkandidaten unterlag er nun knapp. Eine Reportage über baden-württembergische Befindlichkeiten.
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