Experten erwarten harte Diskussion der EU-Kommission mit den Kirchen

Widerstand gegen Europa?

In den europäischen Nationalstaaten formiert sich nach Beobachtung des früheren Richters am Bundesverfassungsgericht, Dieter Grimm, wachsender Widerstand gegen die Einigung Europas. Die Europäische Kommission fahre einen "Konfliktkurs" und provoziere damit mancherorts Widerstände, sagte Grimm beim "II. Juristenforum Celle", wie das Bistum Hildesheim am Dienstag mitteilte. Auch die Kirchen könnten in Konflikt mit europäischen Institutionen kommen.

 (DR)


«Souverän im klassischen Sinne ist heute kein europäischer Staat mehr», sagte Grimm, der bis 2007 auch Präsident des Wissenschaftskollegs zu Berlin war. Die meisten Bürger hingegen glaubten noch immer, dass ihr Staat die Gesetze allein und souverän gestalte, ergänzte Ulrich Haltern, Professor für deutsches und europäisches Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Hannover.

Antidiskriminierung und Arbeitsrecht
Vor allem die Kirchen in Deutschland werden nach Auffassung der Experten die «Macht der europäischen Kommissionen» noch zu spüren bekommen. In Fragen der Antidiskriminierung, der Bioethik und dem kirchlichen Arbeitsrecht sei in Zukunft manche harte Diskussion mit den Kirchen zu erwarten, so der Tenor des Juristenforums.

Das neue Europa erfordere ein «diffiziles Gleichgewicht» von nationalem und europäischem Recht, das nach Einschätzung des Richters am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, Thomas von Dankwitz, weitgehend funktioniert. Die meisten der jährlich rund 200 Verfahren würden laut von Dankwitz «recht pragmatisch» gelöst, so der EU-Richter.

Allerdings machten die Deutschen mit ihrem «Hang zur Grundsätzlichkeit» den Richtern gelegentlich das Leben schwer.
Danwitz ist aber optimistisch, dass dieser Pragmatismus Europa auch in Zukunft voranbringen werde.

Es muss nicht immer vorwärts gehen
Kritischer sieht die Zukunft Europas der Oberbürgermeister von Celle, Dr. h.c. Martin Biermann. Die Europäischen Gremien schreiben den Kommunen der einzelnen Länder zu viel vor, klagte der Oberbürgermeister und warnte: Es sei nicht ausgemacht, dass die Einigung Europas immer weiter voranschreiten müsse. „Möglicherweise fährt der Zug irgendwann in die entgegen gesetzte Richtung."

Die Tagung des Katholischen Forums Niedersachsen stand unter dem Thema "Souveränität. Perspektiven und Brüche im Zueinander von nationalem und europäischem Recht". Unter den rund 170 Teilnehmern waren neben dem Hildesheimer Bischof Norbert Trelle vor allem juristische Fachleute.