Spione sollen Bankdaten ausgeforscht haben

Telekom-Skandal weitet sich aus

Die Deutsche Telekom gerät in der Bespitzelungsaffäre immer stärker unter Druck. Medienberichten zufolge soll der Bonner Konzern nicht nur Telefondaten ausgewertet haben, sondern auch Bankdaten ausgespäht und Bewegungsprofile von Aufsichtsräten und Journalisten erstellt haben.

Autor/in:
Nadine Schimroszik
 (DR)

Die Bonner Staatsanwaltschaft leitete am Donnerstag ein Ermittlungsverfahren gegen den Telekommunikationskonzern ein. Demnach gehören auch der ehemalige Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel als mögliche Auftraggeber der Spionageaktionen zu den Beschuldigten. Zudem wurden mehrere Orte in Deutschland durchsucht, auch die Bonner Zentrale gehörte dazu.

Wie die "Süddeutsche Zeitung" (Freitagausgabe) berichtete, sollen nicht nur Telefonverbindungen, sondern auch Bankdaten von Journalisten und Aufsichtsräten ausgespäht worden sein. Zudem sollen mit einer speziellen Software Bewegungsprofile von einzelnen Personen erstellt worden sein. Das berichtet auch der "Spiegel" in seiner Onlineausgabe. Über Handydaten habe man abgeglichen, wo diese sich aufgehalten hätten.

Früherer Konzernsicherheitschef beschuldigt
Nach Angaben des Sprechers der Staatsanwaltschaft gehören der derzeitige Telekom-Chef Rene Obermann wie auch andere aktive Vorstandsmitglieder nicht zu den Beschuldigten. Laut "Süddeutscher Zeitung" wird gegen acht Beschuldigte wegen des Verdachts der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie des Datenschutzgesetzes ermittelt. Zumwinkel wie auch Ricke hatten wiederholt in den Medien dementiert, die Bespitzelungen in Auftrag gegeben beziehungsweise von ihnen gewusst zu haben.

Nach Informationen der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Freitagausgabe) ist auch der frühere Konzernsicherheitschef Harald Steininger beschuldigt. Obermann hatte Steininger sowie weitere Beschäftigte der Sicherheitsabteilung entlassen, nachdem der Fall im vergangenen Jahr intern bekannt wurde. Aufgrund dieser schnellen Maßnahmen von Obermann hatte sich am Mittwochabend der Telekom-Aufsichtsrat hinter den Konzernchef gestellt.

Spitzelaufträge seit 2000
Das Wirtschaftsmagazin "Capital" und die "Financial Times Deutschland" (Donnerstagausgabe) berichteten, dass die Spitzelaufträge bereits im Jahr 2000 begannen und weit über das für die Jahre 2005 und 2006 bekannte Auswerten von Telefonverbindungen hinaus gegangen sind. Es sei jahrelang ein Spitzelsystem gegen Journalisten und Spitzenkräfte unterhalten worden.

Die Arbeitnehmervertreter des Telekom-Aufsichtsrates kündigten an, dass sie wegen der Affäre Strafanzeige gegen das Unternehmen sowie gegen Unbekannt stellen werden. Es gebe den "begründeten Verdacht", dass ein Bruch von Grundrechten vorliege, sagte DGB-Chef und Telekom-Aufsichtsratsmitglied Michael Sommer. Lothar Schröder, stellvertretender Telekom-Aufsichtsratsvorsitzender und ver.di-Bundesvorstandsmitglied, erklärte, dass der Aufsichtsrat erst seit wenigen Tagen von den Vorgängen wisse. Anderslautende Spekulationen seien unwahr.

Erst am vergangenen Samstag waren Informationen über die Bespitzelungsaffäre an die Öffentlichkeit gekommen. "Der Spiegel" berichtete, die Telekom habe die Telefonverbindungsdaten eigener Mitarbeiter missbräuchlich genutzt. Nach Angaben der Telekom wurden jedoch keine Gespräche abgehört. Diese hatte den Bericht sofort bestätigt und erklärt, dass zur Zeit von Vorstandschef Ricke mehr als ein Jahr lang eigene Manager und Kontrolleure bespitzelt wurden, um undichte Stellen in Vorstand und Aufsichtsrat sowie Kontakte zu Journalisten aufzuspüren. Obermann hatte bei Bekanntwerden des Skandals bereits die Bonner Staatsanwaltschaft informiert.