Linke, Liberale und Grüne setzen sich gegen Konservative durch

Parlament für neues EU-Gesetz gegen Diskriminierung

Unversöhnliche Positionen im Europaparlament: Während linke, grüne und liberale Abgeordnete am Dienstag strengere EU-Regeln gegen Diskriminierung verlangten, lehnten konservative Europaparlamentarier solche Forderungen strikt ab.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Bei der Abstimmung in Straßburg setzten sich die ersteren deutlich durch: 363 Parlamentarier stimmten für die Forderungen, 262 lehnten sie ab; 56
enthielten sich. Auf ähnliche Ablehnung stießen Änderungsvorschläge
der Konservativen, die neue EU-Gesetze als ungeeignet zur Bekämpfung
von Diskriminierung bezeichneten.

Deutschland im Visier
Nach Einschätzung der EU-Kommission werden schon die geltenden Anti-Diskriminierungs-Vorschriften der EU von den meisten Mitgliedstaaten nicht vollständig befolgt. Auch Deutschland ist im Visier der Brüsseler Behörde. Ende Januar schrieb EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla deswegen an die Bundesregierung. Er verlangte im deutschen Antidiskriminierungsgesetz unter anderem bei der Gleichbehandlung eingetragener Lebenspartner mit Eheleuten Nachbesserungen. Auch die Ausnahmeklauseln für die Kirchen gehen ihm zu weit.

Europaminister warnt vor neuen Verschärfungen
Bislang sind in der EU ganz allgemein Benachteiligungen wegen Rasse oder ethnischer Herkunft verboten. Am Arbeitsplatz sind darüber hinaus auch alle anderen Formen von Benachteiligung, etwa wegen Geschlechts, Religion, Alters, Behinderung oder sexueller Orientierung untersagt. Kritiker wie der CDU-Europaabgeordnete Werner Langen und sein hessischer Parteifreund und Europaminister Volker Hoff warnen vor neuen Verschärfungen. Hoff sagte, die Kommission gehe bereits jetzt gegen mehr als 20 EU-Staaten vor, weil sie die Vorschriften nicht einhielten. Allein das zeige, wie realitätsfern die Wünsche des Europaparlaments seien. Auch die CSU-Abgeordnete Anja Weisgerber und der FDP-Abgeordnete Holger Krahmer warnten vor noch mehr Bürokratie und neuen, versteckten Diskriminierungsformen, wenn die Gesetze verschärft würden.

Für strengere Regelungen sprachen sich dagegen Ende 2007 Sozialorganisationen aus. Ihr Dachverband, die "Sozialplattform", verlangte, in allen EU-Staaten müsse der gleiche Grad an Rechtsschutz gegen Benachteiligungen in allen Lebensbereichen gelten. Der "Sozialplattform" gehören auch kirchliche Wohlfahrtsorganisationen wie Caritas und Diakonie an. "Viele Staaten sind nicht besonders aufgeschlossen", räumte EU-Kommissar Spidla am Dienstag im Europaparlament ein: "Wir müssen unsere Tätigkeit also sehr gut vorbereiten." Ob die Kommission tatsächlich gegen Deutschland und andere Mitgliedstaaten vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zieht, ist noch offen. In jedem Fall will sie bereits im Juni neue Vorschläge machen, um Diskriminierungen zu bekämpfen. Noch diskutieren EU-Kommissare untereinander, wie genau diese Vorschläge aussehen sollen, welche Bereiche tangiert werden und welche Rechtsform zu wählen ist. Die Vorschläge sollten sich an den Grundsätzen der Subsidiarität und Angemessenheit orientieren, so Kommissar Spidla.

Unabhängig davon genügen dem Europäischen Gerichtshof aber bereits jetzt Klagen von Einzelpersonen, um das geltende Recht zu präzisieren. Auch gegen Deutschland ergingen bereits Urteile. So klagte eine Berliner Teilzeitlehrerin erfolgreich gegen Vergütungsregelungen, in denen die Richter eine Benachteiligung von Frauen erkannten. Und nach Einschätzung der Richter dürfen Versorgungswerke gleichgeschlechtliche Lebenspartner nicht schlechter als Eheleute stellen. Voraussetzung für die Zahlung der Rente sei
nur, dass sich überlebende Ehegatten und überlebende Lebenspartner in
einer vergleichbaren Situation befinden.