Pekinger Orchester spielte Mozart für den Papst

Verwunderung und vorsichtige Hoffnungen

Zum ersten Mal konzertierte ein Orchester aus der Volksrepublik China im Vatikan. In Anwesenheit und zu Ehren von Papst Benedikt XVI. gaben das China Philharmonic Orchestra und der Chor der Oper Schanghai am Mittwochabend unter Leitung von Long Yu Wolfgang Amadeus Mozarts "Requiem" sowie chinesische Volkslieder. Die kurzfristig anberaumte Kultur-Initiative ist um so überraschender, als seit 1959 zwischen dem Vatikan und der Volksrepublik China keine diplomatischen Beziehungen bestehen.

 (DR)

Papst Benedikt XVI. hat die Olympischen Sommerspiele im August in Peking als «wertvolles Ereignis für die gesamte Menschheit» gewürdigt. Bei einem Konzert des Chinesischen Symphonieorchesters aus Peking im Vatikan betonte er am Mittwochabend seine Nähe zum gesamten chinesischen Volk und grüßte die chinesischen Christen. Der Papst erwähnte besonders die vatikantreuen Katholiken, «die besonders an den Nachfolger des Petrus gebunden sind».

Die Aufführung von Mozarts Requiem durch das Orchester und den Chor der Oper von Shanghai galt als Zeichen der Annäherung zwischen China und dem Vatikan, die seit Jahrzehnten keine diplomatischen Beziehungen pflegen. Peking fordert den Abbruch der Kontakte zwischen dem Vatikan und Taiwan als Vorbedingung für die Wiederaufnahme der Beziehungen. Der Papst dringt im Gegenzug auf mehr Religionsfreiheit in der Volksrepublik.

Dirigent Long Yu bezeichnete das Konzert als historischen Moment. Mit dem wichtigsten Orchester der Volksrepublik wolle er demonstrieren, dass Musik ein wirksames Instrument für die Vertiefung des gegenseitigen kulturellen Verständnisses zwischen den Völkern sein könne.

Bis zu 15 Millionen Chinesen gehören der katholischen Kirche an. Fünf Millionen davon entfallen auf die staatlich kontrollierte «Patriotische Vereinigung». Die anderen gehören einer vatikantreuen Untergrundkirche an. Auch die Protestanten sind in China in eine staatlich anerkannte Kirche mit bis zu 18 Millionen Mitgliedern und mehrere Millionen Besucher von illegalen Hauskirchen gespalten.

Und so schwanken Beobachter zwischen der Hoffnung auf eine diplomatische Öffnung und der skeptischen Vermutung, Peking versuche wohl, werbewirksam vom Desaster in Tibet und der Kontroverse um Olympia und die Menschenrechte abzulenken.

Einige Vatikan-Prälaten zogen rasch eine Parallele zur Ping-Pong-Diplomatie der 1970er Jahre, als die USA und die Volksrepublik mit Tischtennis-Turnieren eine Annäherung einleiteten.

Auch der Vatikan bemüht sich seit Jahren, die unter Mao Tse-tung abgebrochenen Kontakte wieder aufzunehmen. Besonders Benedikt XVI. hat dieses Thema weit oben auf seine Agenda gesetzt. Vor wenigen Monaten wandte er sich in einem Offenen Brief an die Katholiken des Landes - und streckte darin zugleich der politischen Führung die Hand entgegen. Neuerdings meint man, auch auf chinesischer Seite eine Öffnungsbereitschaft auszumachen.

Und so schätzt man im Vatikan die freundliche Geste aus Peking.
Prälaten heben die völker- und kulturverbindende Rolle der Musik hervor und würdigen, dass ein chinesisches Orchester zu Ehren des Papstes europäische Musik, dazu noch vom Lieblingskomponisten des Papstes, von Mozart, spielt. Das Kirchenoberhaupt habe die Offerte angenommen - ein Konzert mit Long Yu und den chinesischen Philharmonikern war ursprünglich am selben Tag im Auditorium der Stadt Rom angesetzt.

Der Vatikan weiß um die internationale Resonanz des Ereignisses, über das die Medien in aller Welt und natürlich auch in China berichten. Freilich hängt der Heilige Stuhl das Kultur-Event in der Vatikan-Aula politisch niedrig. Das Diplomatische Corps wurde nicht offiziell eingeladen. Und so hatten alle musikliebenden Diplomaten unabhängig von politischen Optionen die Möglichkeit zur Teilnahme: der Vatikan-Botschafter Taiwans ebenso wie der Botschafter Pekings in Italien.

Etwas gedämpft wird die Euphorie um das Event im Vatikan durch den Leiter der staatlichen Kirchenbehörde Pekings, Ye Xiaowen. Laut Pressedienst asianews stellte er klar, das Orchester sei nicht eigens in den Vatikan gereist; es handele sich nur um eine zusätzliche Etappe im Rahmen einer Europa-Tournee. Aber auch Xiaowen meinte: «Der Kulturaustausch trägt sicher auch dazu dabei, die gegenseitigen Kontakte zu fördern.»

Auch die chinesischen Katholiken - die der staatsnahen patriotischen Vereinigung wie der romtreuen Untergrundkirche - sind laut asianews zufrieden über die «Geste der Entspannung». Gleichzeitig befürchteten sie aber, es könnte sich nur um eine Werbekampagne Pekings in einem bedrängten Moment handeln. Aufgrund seines schlechten Images nach Tibet und der verpatzten Fackel-Tournee setze die Volksrepublik nun auf eine Konzert-Tournee.

Dennoch ist auch dies ein neuer Kontakt - der diesmal auf Initiative Pekings zustande kam. Im Vatikan verweist man auf verschiedene Strömungen in der politischen Hierarchie Pekings; unterscheidet zwischen Hardlinern, die Religion nur unter striktester staatlicher Kontrolle dulden wollen, und Kräften, die zu mehr Offenheit bereit seien. Letztere vermutet man vor allem im Außenministerium. Und so bleibt neben der Verwunderung auch die Hoffnung, dass das Konzert im Vatikan nicht nur der Pekinger Imagepflege, sondern auch dem diplomatischen Kontakt zum Vatikan dient - und damit letztlich die Lage der noch immer unterdrückten Katholiken in der Volksrepublik verbessert.