Indien - Afrika Gipfel in Neu Delhi

Handel boomt

Die Wirtschaft in Indien boomt. Und mehr und mehr wird auch der afrikanische Kontinent für Indien immer wichtiger. Allein im vergangenen Jahr hat sich der Handel in Indien mehr als verdoppelt - und viele der Exporte landen in den Ländern Afrikas. Weil sich die Partnerschaft zwischen Indien und Afrika immer mehr intensiviert, findet heute in Neu Delhi der erste Afrika-Indien Gipfel statt. Lesen Sie ein Interview mit Peter Seidel, Indienreferent bei Caritas International.

 (DR)

domradio: Erstmals findet ein Gipfel zwischen Indien und Afrika statt. Wie bewerten sie ein solches Treffen der südlichen Länder?

Peter Seidel: Grundsätzlich freut es uns, dass die dritte Welt aus der Schmuddelecke rauskommt und versucht, sich untereinander mit den Problemen der Weltwirtschaft und dem Klimawandel zu beschäftigen.

domradio: Welche Themen kommen beim Gipfel auf den Tisch?

Peter Seidel: In erster Linie wird es um Wirtschaftsinteressen gehen. Afrika als interessanter Absatzmarkt für billige indische Produkte und gleichzeitig als Rohstofflieferant für strategische Rohstoffe wie z.B. Uran für indische Atomkraftwerke. Daneben geht es auch um Umweltschutz, Gesundheit, Klimawandel und das Interesse von Indien an einem Sitz im Weltsicherheitsrat von der UNO.

domradio: Jetzt weiß man ja auch, dass China sich in Afrika immer mehr engagiert, weil Afrika Rohstoffe hat, die China dringend braucht. Das Chinaengagement in Afrika ist aber an vielen Stellen sehr zweideutig. Wie sieht das mit Indien und Afrika aus?

Peter Seidel: Das wird mit Indien nicht viel anders sein. Wo sie den Rohstoffmarkt fest in der Hand haben ist beispielsweise bei Diamanten. Auch Gold ist ein Material in dem die Inder sehr stark interessiert sind. Ebenfalls auch Uran für Atomkraftwerke. Es könnte sein, dass dadurch langfristig Konflikte aufkommen.

domradio: Könnte es auch dazu kommen, dass künftig China und Indien gemeinsam um Afrika konkurrieren?

Peter Seidel: Beide sind aufstrebende Wirtschaftsmächte, die Rohstoffe brauchen und selber wenig besitzen, gerade im Bereich Energie. Es ist interessant, sich die Rohstoffe in Afrika zu besorgen. Es ist ja auch schon der zweite Gipfel. Es gab vor Jahren in China einen Gipfel, wo die afrikanischen Präsidenten in allen Ehren empfangen wurden und sie auf Augenhöhe behandelt wurden.

domradio: Welche Bedeutung hat Afrika für den ausländischen Markt Indiens, also wie profitiert Indien vom Absatz in Afrika?

Peter Seidel: Als Absatzmarkt konkurrieren beide Länder sehr stark und gerade im Billig-Produkte-Sektor hat Indien sicher die Möglichkeit die billigen Produktionskosten von China zu unterbieten. Was für die USA interessant wäre, da sie so an billigere Produkte kommen.

domradio: Indiens Aufschwung ist ja nur ein partieller Aufschwung, was müsste in Indien mehr geschehen, dass auch die Bevölkerung davon etwas abbekommt?

Peter Seidel: Grundsätzlich ist handeln etwas positives, also könnte es die Chance bieten, dass mehr Menschen am Welthandel und Zugang zu günstigen Gütern beteiligt werden. Im Moment sieht es allerdings eher so aus: Wer hat was davon, wenn Bodenschätze ausgebeutet werden. Ob sich die soziale Situation in Afrika ändert, sei dahingestellt. Gleich sieht es in Indien aus: das Wirtschaftswachstum beruht darauf, dass Hungerlöhne gezahlt werden.

domradio: Welche Konsequenzen hat denn das boomende Indien mit einem neuen Absatzmarkt in Afrika für das Weltwirtschaftssystem?

Peter Seidel: Sicherlich verschieben sich die Schwerpunkte. Wenn jetzt dieser Süd-Süd-Handel zunimmt, heißt es dass der Nord-Süd-Handel zwischen Europa und Afrika weniger wichtig werden. Was für mich die Horrorvorstellung ist, ist das Indien am massivsten ihre Nukleartechnologie ausbauen und jetzt mit billigem afrikanischen Uran versorgt werden. Eine Nuklearkatastrophe würde Tschernobyl weit in den Schatten stellen. Das macht uns große Sorgen.