Erneut christlicher Priester im Irak ermordet - Bischof Huber: Lage der Christen im Irak gleicht Völkermord

Kein Platz für Christen?

Etwa dreihundert Menschen haben an diesem Sonntag in Bagdad an der Beerdigung eines ermordeten Priesters teilgenommen. Der syrisch-orthodoxe Geistliche Youssed Adel war am Samstag auf offener Straße von Bewaffneten ermordet worden. Die Beerdigung fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen in der Peter-und-Paul-Kirche im Stadtviertel Karradah statt. Zum Tod des Priesters hatte auch Papst Benedikt von Rom aus kondoliert. Erst vor einem Monat war in Mossul der katholische Erzbischof Paul Faraj Rahho kurz nach seiner Entführung tot aufgefunden worden.

 (DR)

Im Vatikan wird am kommenden Freitag an den ermordeten Erzbischof Rahho erinnert. Der Präfekt der Vatikan-Kongregation für die Ostkirchen, Kardinal Leonardo Sandri, wird im Petersdom eine Messe zum Monatsgedächtnis Rahhos feiern. Dabei soll nach Vatikan-Angaben "für alle Opfer des Irak-Kriegs" gebetet werden - und für die Christen in Irak und im Heiligen Land, die "ihren Glauben unter Extrembedingungen leben".

In Berlin wurde am Sonntag Nachmittag ein Gedenkgottesdienst für Erzbischof Rahho gefeiert. Daran schloss sich ein Protestmarsch von der Hedwigkathedrale zum Auswärtigen Amt an. Die Veranstaltung stand unter dem Motto: "Nein zum Terror - Ja zur Toleranz in unserem neuen Irak". Damit wollten chaldäische Christen, die in Deutschland leben, auf ihre schwierige Minderheitensituation im Irak aufmerksam machen.

Im Irak ist erneut ein christlicher Priester ermordet worden. Der 40-jährige Youssef Adel, Geistlicher der syrisch-orthodoxen Kirche, wurde am Samstagmittag in der Hauptstadt Bagdad auf offener Straße erschossen und war sofort tot, wie der Pressedienst "asianews" in Rom meldete. Adel habe in der Vergangenheit mehrfach Drohungen erhalten. Laut Tatzeugen sei der Rektor einer von Christen und Muslimen besuchten Oberschule im Christenviertel Zayiuna nahe seiner Wohnung unterwegs gewesen, als bewaffnete Männer das Feuer auf sein Auto eröffneten.

Kirchen: Verfolgten irakischen Christen stärker helfen
Die beiden großen Kirchen haben derweil mehr Hilfen für die verfolgten irakischen Christen gefordert. Ihr Schicksal gleiche ethnischen Säuberungen und Völkermorden an anderen Orten, sagte der Berliner Bischof Wolfgang Huber am Wochenende im RBB-Hörfunk. Die Staaten der Europäischen Union müssten mehr Flüchtlinge aus dem Irak aufnehmen und zugleich für eine Rückkehrchance eintreten, forderte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Nach Schätzungen ging die Zahl der Christen im Irak seit Kriegsbeginn 2003 von 700.000 auf etwa 200.000 zurück.

Der Berliner Weihbischof Wolfgang Weider erklärte am Sonntag, im Irak finde die derzeit größte Christenverfolgung statt. «Doch die Welt schweigt weitgehend über dieses maßlose Unrecht», kritisierte Weider am Sonntag in der Sankt-Hedwigs-Kathedrale der Hauptstadt. Er sprach in einem Gottesdienst chaldäisch-katholischer Christen zum Gedenken an den ermordeten irakischen Erzbischof Paul Faraj Rahho. Bislang unbekannte Täter hatten ihn am 29. Februar verschleppt, zwei Wochen später wurde sein Leichnam aufgefunden. Am Samstag wurde erneut ein christlicher Geistlicher im Irak ermordet. Der syrisch-orthodoxe Priester wurde in Bagdad auf offener Straße erschossen.

Schweigemarsch zum Außenministerium
Nach dem Gottesdienst schloss sich Weider einem Schweigemarsch von mehr als 100 Teilnehmern des Gottesdienstes zum nahe gelegenen Auswärtigen Amt an. Unter anderem mit Porträts von Erzbischof Rahho machten sie auf die Lage der Christen im Irak aufmerksam. Die Chaldäer sind die zahlenmäßig größte christliche Konfession in dem Land und erkennen den Papst als Oberhaupt an.